Luisa
(eine kleine Weihnachtsgeschichte) - dritter Teil

(was bisher geschah:
Teil 1  Teil 2 )


Rudolf öffnete den Karton. Luisa stand ganz ungeduldig daneben und war neugierig auf das, was Rudolf wohl dort rauszaubern würde.

"Was ist das denn ?" fragte sie und Rudolf antwortete "das sind Feuerwerksraketen"

Luisa ging schmollend in den Sessel zurück "ich will zu meinem Großvater und du hast nichts anderes im Sinn, als ein Feuerwerk zu machen".

"Ja, habe ich und sogar ein ganz großes - komm mit"

"Nein, ich mag nicht ..."

"Dann gehe ich eben alleine deinen Opa rufen"

Luisas Gesicht war ein einziges Fragezeichen, aber das Wort "Opa" ließ sie nicht mehr länger in der Ecke sitzen. Sie folgte Rudolf ins Freie. Asso wollte auch mit, aber er durfte nicht. "Nein, Asso, das geht nicht, du hast doch immer Angst beim Feuerwerk, ich hole dich dann später" hat ihm Rudolf freundschaftlich gesagt und Asso verzog sich wieder in sein Körbchen. Allerdings nicht schlafend, sondern in Wartestellung.

Auf einmal lachte der Engel "stimmt's, du willst mich mit einer Rakete in den Himmel zu Opa schießen ? Das ist ja klasse !!".

"Nein, das geht doch nicht, du bist zwar ein kleiner Engel, aber doch zu schwer für eine Silvesterrakete. Und wir wollen doch nicht, dass du wieder im Gebüsch landest" lachte Rudolf.

Luisa schmollte nun ein bisschen "ja, ich weiß, dass ich Mist gebaut habe. Das musst du mir nicht immer wieder sagen. Sag mir lieber, was du vorhast" drängelte nun das kleine himmlische leicht ärgerliche Wesen.

Rudolf antwortete ihr und dabei sah er sie liebevoll an "es ist doch ganz bestimmt so, dass dein Opa dich sucht. So wird er da oben irgendwo seine Runden drehen und schauen, ob er irgendetwas Auffälliges sieht. Und was gibt es denn Auffälligeres als ein Feuerwerk mitten im Dezember?"

"Hey, das ist ja 'ne klasse Idee" freute sich Luisa und lachte dabei. Ein strahlendes Lachen, wie das nur Engel können. Und von drinnen kam ein kurzes Bellen, als wenn Asso mitgehört hätte.

Rudolf hatte inzwischen die Raketen in den Boden des Vorgarten gesteckt und hantierte mit einem Feuerzeug. Ganz neugierig stand Luisa daneben. "Geh bitte etwas zur Seite, wir wollen doch nicht, dass deine Flügel Feuer fangen."

Und nun flogen die ersten Silvesterraketen und beleuchteten den eben noch dunklen Dezemberhimmel mit einer herrlichen Farbenpracht. Luisa stand mit genauso leuchtenden und staunenden Augen daneben.

Rudolf musste lachen, als er Luisa sah. Ein kleiner Engel, gehüllt in eine dicke Daunenjacke, die ihr Rudolf gegeben hatte und die fast bis auf den Boden reichte.

Luisa ärgerte sich diesmal aber nicht, dass Rudolf lachte, sie war viel zu gut gelaunt und voller Hoffnung, das Opa sie nun finden würde.

"Feierst Du immer Silvester mit Raketen" fragte sie.

"Nein, ich feiere Silvester gar nicht. Ich habe die Raketen nur deswegen im Keller, weil ich jedes Jahr aufs Neue hoffe, dass vielleicht doch mein Sohn aus Amerika mit seinen Kindern zu Weihnachten kommt und ein, zwei Wochen bleibt. Und so liegen die Raketen und Knaller halt im Keller. Na, wenigstens haben sie nun ihren Zweck erfüllt und für leuchtende Augen gesorgt"

Und so standen nun die Beiden um Mitternacht im Vorgarten. Die Raketen waren wieder erloschen, das leise Bellen der Hunde in den ein gutes Stück entfernten Nachbarhäusern war verebbt. Die Nacht war still. Weit und breit nichts von Schlitten und Opa zu sehen.

"Vielleicht hat er die Raketen doch nicht gesehen" sagte Luisa und fing dann an, ganz laut zu schluchzen ... Rudolf schaute Luisa an, dann in den Himmel und dann wieder zu dem Engel. Er wusste nicht, was er sagen soll, er war ratlos ...

Fortsetzung am 19.12. :))

© Engelbert Schinkel