Da war ein Baum.
Ein Baum ohne Blätter, doch nicht dürr, sondern mit vielen Nadeln.
Nicht, um zu stechen, sondern um sich vor saurem Regen und sengender Sonne zu
schützen. Ein großer Baum, der Sommer wie Winter eine unerschütterliche Ruhe
ausstrahlte. Tief verwurzelt in der Erde und hochaufstrebend in den Himmel.
Da war noch ein Baum.
Völlig anders. Schon die Rinde zwar spielerisch schwarz-weiß gefleckt.
Und er trug Blätter, die in ständiger Bewegung mit den Sonnenstrahlen
spielten. Doch kaum war der kurze Sommer vorbei, färbten sich die Blätter gelb
und braun und noch vor dem ersten Frost segelten sie davon, als hätte es nie
eine grüne Zeit gegeben. Doch ehe die Erinnerung an den Sommer im Nebel des
Gestern verschwand, sprießten
Und eines Tages verdunkelte sich der Himmel und es gab einen schweren Sturm. Mit
lautem Tosen fegte er durch den Wald, entwurzelte Sträucher und Bäume. Nach
tagelangem Wüten verschwand er so plötzlich, als wäre er nur eine Fata
Morgana gewesen. Völlig zerzaust ließ er den Wald zurück. Kaum ein Baum, der
nicht in Mitleidenschaft gezogen wurde, den meisten fehlten Äste oder sie
wurden gar entwurzelt.
Doch in der Mitte dieses Waldes standen sie. Die beiden Bäume. Der mit den
Nadeln und der mit der schwarz-weißen Rinde. Der eine immer noch aufrecht in
den Himmel schauend, der andere immer noch mit den sich immer bewegenden Blättern.
Allen war es ein Rätsel, wie die beiden Bäume den Sturm unbeschadet überstehen
konnten.
Dieses Geschehnis ging in die Geschichte ein, man erzählte sich allerlei
Legenden über die beiden Bäume.
Später, ja viel später, fand man dann den Grund. Bei Ausgrabungen sah man, das
jeder dieser beiden Bäume eine ganz besonders starke Wurzel gebildet hatte und
diese zu dem anderen Baum hinüberstreckte. Dort, wo die beiden Wurzeln sich
trafen, waren sie dicht ineinander verwoben und gaben sich gegenseitig Halt und
Stütze.
Manche meinten, dies wäre eine Laune der Natur.
Andere wiederum machten die Götter dafür verantwortlich.
Nur die ganz Alten und Weisen im Dorf erzählten sich, es sei einfach Liebe
gewesen.
der eine Baum bin ich, der
andere ist meine Frau