Otto - was bisher geschah:
Otto flüchtet aus Marlenes Wohnung und weil er nicht weiter weiß, geht er
einfach zur Polizei.
Dort steht er nun, will sich gerade mit Geld statt Taschentuch die Stirn
abwischen und als die Fragen des Polizisten immer drängender werden,
flüchtet er einfach. Die Notärztin, die zufällig in der Polizeistation aufkreuzt
war, bittet ihn, ins Auto einzusteigen, aber Otto rennt weg.
Er rennt, neben ihm fährt die Ärztin auf gleicher Höhe und betritt Otto
urplötzlich einen Nachtclub, steckt der Dame beim Empfang sein Geld in den
Ausschnitt und rennt die Treppe nach oben. Daraufhin ruft dann die Dame
nach oben "Mary, komm mal her, das iss Kundschaft für dich ..."
zum genaueren Nachlesen:
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Folge 8 Folge 9
Folge 10
"Tun
sie das nicht" ... diese laute und nach Luft schnappende Stimme hört
Otto gar nicht. Er ist einfach durch den langen Gang des Nachtclubs
gerannt, ins hintere Treppenhaus und dann solange nach oben, bis es keine
Treppe mehr gab. Stattdessen aber eine Tür, die zu einem kleinen
Balkon führte, der Richtung Hinterhof zeigte. Dort steht er nun am Geländer.
Die Worte "tun sie das nicht" hallen in seinem Ohr nach ... erst jetzt
wird ihm bewusst, dass da jemand meint, er wolle sich vom Balkon
stürzen. Dieser Jemand war die Dame, der er unten das Geld in den
Ausschnitt gesteckt hatte. Sie hieß "Hildegard" und wurde früher immer
"wilde Hilde" genannt. Inzwischen hatte man das erste Wort aus dem
Namen gestrichen und nannte sie nur noch Hilde.
Die war Otto nachgerannt und steht nun außer Atem in der Balkontür und
schaut Otto angstvoll an.
Dabei wollte Otto sich gar nicht unbedingt vom Balkon stürzen, er
wollte nur fort. Aber dieser Satz ließ ihn nachdenken, ob er nicht
doch ... einfach springen ... und alle Probleme loswerden wollte.
Otto steht nun unschlüssig am Geländer und Hilde starrt gebannt auf
die Szene.
Ottos Gedanken ziehen Kreise. "Was hab' ich denn noch" sagt er zu sich
"kein Geld und sowieso nur noch das, was ich am Leib trage. Welche
Perspektiven habe ich denn ? Wo soll ich hin ? Irgendwo neu anfangen ?
Wo ? Und wie hinkommen ?". Otto spürte, wie die Hoffnungslosigkeit
langsam Besitz vom ihm ergriff.
Auf einmal schrie Otto auf. Nicht weil ihm nach Schreien war. Sondern
schlicht und einfach, weil er Schmerzen hatte. Am Ellenbogen. Auf den
er gefallen worden war ;).
Denn man kann Hilde viel vorwerfen, aber eines nicht: dass sie untätig
zuschaut, wie jemand an einem Geländer steht und vielleicht
runterspringt.
Zehn Sekunden vielleicht hat sie zugeschaut und dann mit allem
verzweifelten Mut die drei Meter zu Otto überbrückt, seine Arme vom
Geländer weggerissen, ihn kräftig angepackt, zu Boden geworfen und
schließlich, damit auch ja nichts mehr passiert, sich selbst auf ihn
gelegt.
Otto hatte nun Schmerzen am unsanft aufschlagenden Ellenbogen und
Luftnot. Denn die Hilde war keine der Leichtesten.
"Weißt Du was, mein Lieber" meinte Hilde jetzt "du kannst noch so viel
Scheisse erlebt und gemacht haben, aber da musst du durch und
gesprungen wird nicht".
"Du hast gewonnen, wenn Du nur runter gehst" schnaufte Otto jetzt.
"Na endlich mal ein vernünftiges Wort" bekam er prompt die Antwort.
Und dann stand die Hilde auf und half auch Otto auf die Beine. Und so
standen die jetzt hier wie bestellt und nicht abgeholt. Otto mit
leicht leidendem Gesicht, während er sich den schmerzenden Ellenbogen
rieb.
Genau in dieser Sekunde tauchte die Notärztin in der Balkontür auf.
"Brauchen sie ärztliche Hilfe" meinte sie lakonisch. Sie hatte
schon vieles erlebt und war so schnell nicht zu schocken. Uschi, so
hieß sie, hatte ihr Auto eine Straße weiter geparkt und war auch in
den Nachtclub gegangen. Intuitiv in Richtung Treppenhaus und im ersten
Stock hörte sie dann die Stimme von Hilde durch die offene Balkontür.
Otto sagte gar nix ... was sollte er auch sagen. Er wollte weder
ärztliche Hilfe, noch überhaupt jemand in seiner Nähe haben. Er wollte
eigentlich seine Ruhe. Und wenn er sich was träumen dürfte, dann ...
ach, was soll's, er und Träume ...
"Kommen sie mit in die Klinik, ich schau mir den Ellenbogen an und
dann sehen wir weiter" meinte Uschi.
"Nää, der kommt mit zu mir, es ist heut eh nix los und wir trinken
erstmal einen guten Kaffee" hatte die Hilde einen Alternativvorschlag.
"Von mir aus" meinte Otto und bekam von beiden Frauen gleichzeitig die
Antwort "ja, was denn jetzt".
Schweigen ... warten auf Otto ... und der schwieg weiter.
Hilde war es, die sich durchsetzte, indem sie laut und sehr bestimmt
sagte "du kommst jetzt erst mal mit zu mir und dann kann ich dich
immer noch in die Klinik fahren". "Der Mann braucht erst mal Ruhe"
sagte sie dann zu Uschi und ließ sich deren Visitenkarte geben.
Und dann hängte sie Otto bei sich unter und ging die Treppe hinunter
in den Nebenraum, wo die Kaffeemaschine stand.
"Sag nix, setz' Dich einfach zu mir" sagte sie zu Otto.
Und Otto hatte zum ersten Mal seit langen Wochen eine Idee, wie Heimat
aussehen könnte.
[ Ende ]
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Wunderkiste
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Desktopmotiv des Tages: heute gibt's eine violette Orchidee ...
(Auflösung 1024x768 - wenn das Motiv
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