Der Zug des Lebens ... manchmal ist es so, als fährt er an dir vorbei und
hält nicht an.
Manchmal hält der Zug und nimmt dich mit ... bis zum nächsten Tunnel.
Wir sitzen dann in diesem Rauschen und warten, bis es wieder Licht wird.
Aber nicht alle warten ...
Gestern war ich in meiner Lieblingsgaststätte ein Lieblingsschnitzel
essen. An der Theke ein sehr lauter und nie nüchterner Mensch, der mich
auf einmal als "Kellers Ruth eer Bub" erkannt hat. Und so kam es zu ein
paar Worten hin und her.
Der Kerl ist einer von denen, die zwar laut sind, aber nie bösartig und
auch nie einer Fliege etwas zu leide tun können. Seinen Worten wird zwar
gemeinhin nicht gerade viel Wahrheitsgehalt beigemessen, aber in diesem
Falle ging es ja nicht um ihn, sondern um eine Begebenheit im Jahre 1956.
1956, das Jahr, in dem mein Opa starb. Drei Jahre, bevor ich geboren
wurde.
Die Version meiner Mutter: "dein Opa hat, als der Zug nach einem
Betriebsausflug wieder hier in Bruchmühlbach ankam, ca. 1 Kilometer vor dem
Bahnhof die Tür verwechselt, er wollte auf die Zugtoilette und ist
stattdessen aus dem Zug gefallen. Und deswegen gestorben.
Ich hab den Herrn an der Theke, der sowohl meine Mutter, als auch ihre
Eltern persönlich kannte, mal gefragt, wie das denn damals war mit dem
Unfall.
Er sagte, dass es zwei Meinungen gibt. Die eine sprach ebenfalls von einem
bedauerlichen Unfall.
Aber ... und das hat mich doch sehr überrascht ... einige sagten auch, mein Opa wollte
einfach nicht mehr nach Hause. Stark alkoholisiert (wie man eben von
Betriebsausflügen in den 50er Jahren nach Hause kam) hatte er die Tür
aufgemacht. Nicht versehentlich, sondern bewusst, soweit man das mit
Alkohol im Blut noch machen kann.
Nun, bei einem solchen Ereignis brodelt die Gerüchteküche natürlich
besonders stark. Es kann sein, dass ein Fünkchen oder die ganze Wahrheit
in der Selbstmordversion liegt, es kann aber auch sein, dass es wirklich
nur ein Unfall war.
Seine letzten Worte sollen, wenn mich meine Erinnerung an Mutters
Erzählungen nicht trügt, "jetzt
ist alles aus" gewesen sein. Auch dieser Satz ist auf zwei verschiedene
Weisen zu deuten. Es kann das Leben an sich aus sein, es können aber
auch Probleme, die man hatte, aus sein.
Mein Opa hat seine letzten Gedanken leider mit ins Grab genommen.
Habt Ihr auch schon Menschen, die Euch mehr oder
weniger nahe standen, durch Selbstmord verloren ?
Schreibt, wenn Ihr
wollt, wer und warum er/sie Selbstmord verübt hat.
Bitte keine Diskussion darüber, wie sinnvoll/sinnlos oder erlaubt/verboten
der Selbstmord an sich ist, denn darüber will ich ein extra Kalenderblatt
machen (das würde den Rahmen hier und heute sprengen).
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Ich grüße heute
Alghero auf Sardinien :))
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Wunderkiste
Lichtblick
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