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22. Februar 2005
 


Es folgt ... eine Geschichte, in der ca. 140 ganz besondere Wörter zu finden sind, und zwar die, die ihr auf mein Bitte hin am 20. Oktober 2004 ins Kalenderblatt geschrieben hattet. Die Worte kommen in der Geschichte in der Reihenfolge Eurer Kommentare (von oben und nach unten gelesen) vor:


Da stehe ich nun, ich armer Wicht. Und traue meinen Augen nicht.

Ich stehe am Kai und vor mir ein Riesenschiff. Mit großen Lettern steht sein Name geschrieben: Schweinebackenschiff

"Ach, das kannste alles vergessen, sage ich mir, das ist bestimmt nur so ein böser Traum, weil ich gerade Liebeskummer hab'. Meine Gänsehaut sagt mir aber, dass es viel zu kalt ist zum Träumen ist.

Und da dämmert es wieder ... das ist ja ein Weihnachtsgeschenk gewesen. Unterm Baum lag ein Gutschein für eine Kreuzfahrt mit diesem komischen Schiff. Von der Reederei "Geborgenheit und Co". So ein Name zieht mich natürlich an und so stehe ich hier und schaue auf das Wasser.

Mir wäre jetzt aber mehr nach einer kuschligen Umarmung denn nach böigen Hafenwind.

Die hohe Stimme einer Frau bringt mich wieder in die Realität zurück. Diese Dame mit ihren hohen Stöckelschuhen, eine richtige Xanthippe, stänkert gerade bei einem Bootsoffizier über das Schiff.

Ich reibe mir die Augen, um sicher zu sein, dass das wirklich kein Traum oder Halloween-Streich ist. Doch es bleibt alles so, wie es ist. Es will partout kein Regenbogen und eine sanftgrüne Landschaft erscheinen. Nirgends liebliche Schattenspiele. Denn die Sonne ist heute woanders. Was soll sie auch hier bei diesem Schiff ?

Geh ich rein oder nicht ? Diese Ozeanaugen des Schiffes lassen mich eher ein Gefängnis fühlen denn eine nette Reise. Ozeanaugen sage ich immer zu den runden Dingern, weil "Bull"auge finde ich blöd. Es gibt ja keine Bullen auf einem Schiff, dafür aber sieht man den Ozean durch die Augen.

Soll ich dem Ganzen jetzt mein bedingungslos Vertrauen schenken ?

Bevor ich diese Frage beantworten kann, kommt eine Dame und fragt mich "haben sie ein Ticket". Ich antworte mit "ja" und zeige es ihr. Sie zerreisst das Ticket. Dann öffnet sie mir die Jacke, schiebt meinen Pullover hoch, zieht mir das Unterhemd aus der Hose und malt mir ein Kreuz mit einem Pinsel auf den Bauch. Dann sagt sie "so, jetzt sind sie gebauchpinselt" und können auf das Schiff gehen. Weitere Kontrollen finden dann nicht mehr statt.

"Können sie nicht auch noch ein kleines Rotkehlchen daneben malen" meine ich sarkastisch und komme mir dabei wie ein Trampel vor. Was kann die Dame denn für ihren Job.

Bevor ich mir den Hintern abfriere, gehe ich halt mal auf das Schiff. Ich komm nicht weit. Vor mir steht ein Herr und fragt mich "welches Sternzeichen ... Zwilling ... stimmts ?".

"Nee, Widder" sage ich. "Auch gut" meint er und "die Widder-Kabinen sind ganz unten im Schiff neben dem Maschinenraum".

"Auch das noch" denke ich und rede mit Engelszungen auf den Kerl ein. Meine Erinnerung an das Horoskop, dass ich vor kurzem machen ließ, hilft mir und ich sag "aber ich habe den Aszendenten Jungfrau".

"Hmm ..." meint er "mal sehen ... setzen sie sich erst mal da neben hin".

Und da sitze ich nun auf einem unbequemen Stuhl in einem unheimlichen Schiff. Bin hundemüde und kann gerade noch so durch die Augen blinzeln. Etwas weiter da hinten hängt ein Rettungsring ... aber warum steht da Ersatzreifen drunter ? Oder halluziniere ich schon ?

Stimmen lassen mich etwas wacher werden. Vor mir steht der nächste Widder und soll ganz nach unten in die Kabine. Er hat andere Argumente als den Aszendenten ... er meint "aber ich habe doch einen Gehirntumor und zwei gebrochene Zehen". Dabei sieht der Kerl blendend aus und federt wie ein junger Hirsch auf und ab.

Das sieht auch der Uniformierte so "da bekommt ja mein Kaninchen einen Lachkrampf" motzt er und schickt den Kerl nach unten. Währenddessen verlässt mich endgültig alle Wachheit und ich falle in eine Art Winterschlaf.

Ach, was träume ich so wunderschön, vom großen Sternenfunkel-Reich, von Buschwindröschen in einem Sommergarten und von einem Bierkutscher, der sich mit einem Kaminfeger unterhält.

"Lass mich doch weiterträumen" murmele ich, als ich eine kindliche Stimme vernehme und den Satz "gib mir ein Stück Schokolade, dann werde ich mich in dich verlieben". Als ich die Augen aufmache, sehe ich niemanden. Hatte ich das auch geträumt ??

Ein junger Mann läuft an mir vorbei, als würde er nachtwandeln. Oder ist er nur blau ? Ja, Zweiteres. Denn er hält eine Flasche in der Hand. Ich ruf zu ihm "gib mir auch einen Schluck, vielleicht hilfts". Und er tut das wirklich, er gibt mir die Flasche. Auf deren Etikett steht "Schweinebackenwasser" und "Wuschel Gmbh, Inhaber Dominik Wuschel und Karin Wuschel".

Was solls, denke ich, ich hab so kalt, in mir der Eisberg wird sich auch übers Schweinebackenwasser freuen. Ich setze gerade zum Trinken an, da werde ich gestört. Ein junger, kräftiger Mann hält mir ein Buch hin. "Willste das kaufen ?" fragt er "ganz billig, Dollstoi, Werkausgabe".

Ich schaue ihn stirnrunzelnd an, da zeigt er mir ein zweites Buch "warum die Dinosaurier ausgestorben sind". Ich schüttele den Kopf ... da holt er ein ganz kleines, altes, zerfleddertes Buch aus der Jackentasche und sagt "du bist ein Geizkragen, aber weil ich vorgestern Geburtstag hatte, schenke ich dir das Buch, aber nur, wenn du mir die Flasche gibst".

Der Kerl wartet aber nicht ab, bis ich das tue, sondern nimmt sich einfach die Flasche und zieht vondannen. Gefolgt von dem anderen Kerl, dem die Flasche gehört.

So sitze ich also wieder alleine hier. In diesem Schiff. Ich schaue auf das Buch "Karl Öntöntön, der Morgenmuffel, der so gerne Pfefferminzbonbons lutscht und gerade in Altersteilzeit ist". Untertitel "eine kleine Geschichte ums Wach- und Älterwerden".

Aha ... und nun ? Das Buch lesen ? Dann verhungere ich aber vorher. Da ich aber meinen nächsten Geburtstag noch erleben und die von mir so sehnlichst gewünschte Eierwärmerstrickmaschine geschenkt haben will, muss ich jetzt aufstehen und mir was zum Essen suchen.

Ich komme in einen dunklen, unheimlichen Raum. In dem eine Art Jahrmarkt der Finsternis stattzufinden scheint. Lauter kleine Buden mit allen möglichen Dingen, die man kaufen kann. Na, was solls, vielleicht ist ja was zum Essen dabei. Schade, dass das Kind mit der Schokolade nur ein Traum war.

Der erste Stand verkauft "Nabelschnuren". Das Stück für 4,90 €. Ich bin zu hungrig, um zu bemerken, dass das "Nabelschnüre" heißen muss und zu fragen, was man denn damit machen kann. Auch an dem Kuschelzwergen-Stand gehe ich vorbei ... nach Kuscheln ist mir nicht.

"Woll sie nicht einen Autoatlas kaufen" ... "original aus dem Jahre 1956" schallt mir eine Stimme entgegen. "Ein Autoatlas ... wofür brauche ich den auf einem Schiff ?" antworte ich. Warte aber nicht die Antwort ab und gehe weiter. Alle blöde hier irgendwie ... da sehe ich die Blume. Eine schöne große Sonnenblume.

Ich, nahe dem Hungerdelirium (warum habe ich auch heute morgen nicht gefrühstückt) frage "sind das in der Mitte Sonnenblumenkerne, die man essen kann ?". "Nee, sorry, die Blume ist nur Dekoration und aus Kunststoff" meint die nette, ältere Dame.

Doch als sie die Augen weit öffnet, weicht jede Nettigkeit von ihr. Denn ihre Augen leuchten violett. Mit ganz tiefer Stimme haucht sie zu mir "hast du Sehnsucht, willst du lieben, willst du leben ?. Willst du nicht länger dein Glück vermissen. Willst du nicht länger ein Schatten deiner Selbst sein ?"

Ich wende mich ab mit einem genervten "ich bin schon jetzt nur noch ein Schatten, der in den nächsten Minuten endgültig verhungert ist". Ich gehe weiter, noch drei Stände gibt es hier, die meinem Hungerleid ein Ende machen könnten. Wenn es denn etwas Essbares dort zu kaufen gibt.

Der erste Stand hat aber nur Eisbärfelle. Der zweite verkauft gar nichts, sondern bietet Stellen im schiffseigenen Callcenter an. Ein junge Dame lächelt mich an, als wenn ich der ideale Mann für ein solches Center wäre.

Ich sage zu ihr "meine Liebe, wie kann ich denn in einem Callcenter arbeiten, wenn ich am Verhungern bin".

Sie sagt mir "ach, da wird sich schon eine Lösung finden. Gehen sie da hinten die Treppe hoch, dann sehen sie schon die vielen Menschen vor dem Nahrungsmittelzuteilschalter. Sie dürfen sich aber nicht anstellen, sondern müssen sich durch die Menschen durchschlängeln. Denn ganz rechts ist eine grüne Tür, da müssen sie rein. Und nun gehen sie schon ... ich sag nur "Kantine".

Das Wort Kantine hat natürlich Wirkung gezeigt ... und so nahm ich all meine schwindenden Kräfte zusammen und tat, was ich geheißen wurde. Ich öffne diese ominöse grüne Tür ... und es wird hell.

Endlich mal wieder Tageslicht, auch wenn es nur durch ein Ozeanauge ist. Wir waren also immer noch im Hafen, denn ich erkenne dieses eine Gebäude mit dem Baugerüst wieder.

Ja, aber was nun ? Vor mir ein langer, schmaler Gang mit vier Türen. Ich nehme einfach mal die Erste, sage ich mir .... und mir wird ganz anders. Ein dunkles Zimmer, Duftlämpchen stehen auf dem Tisch, in der Ecke ein elektrisches Kaminfeuer.

Wo bin ich hier ??

Ich schrecke zusammen, weil ich hinter der von mir nur angelehnten Tür Schritte höre. Ich nestele schnell an meinem Schuhbändel herum, als könne ein geöffneter Schuh ein Grund sein, dass ich in diesem Zimmer stehe.

Doch die Schritte gehen vorbei ... uff ... ich lasse mich in den Sessel fallen ... kurzes Päuschen, um Kraft für's Essensuchen zu sammeln. Neben mir ein kleiner Tisch, darauf ein paar Zeitschriften.

Komische Zeitschriften ... aber vielleicht helfen sie mir, Licht ins Dunkel zu bringen. Also, was haben wir denn da:

das Magazin "Tanz und Wahrheit" ... ein Reiseprospekt, in dem Sonderangebote für sonnenhungrige Menschen zu finden sind. Dann noch ein Platinschmuck-Prospekt und dann ein Wissensmagazin. "Ich weiß ..." heißt es. Ob es auch weiß, dass ich Hunger habe ?

Ich blättere mit mäßiger Lust in dem Heft. Ein Artikel handelt davon, dass man kein Taschentuch in den Wald werfen soll, weil dann die menschlichen Schnupfenbaktieren die Bäumen befallen. Blödes Magazin.

Ich stehe auf ... mein Blick fällt auf das Ölbild an der Wand. Ein großes Schiff, das den Namen "Paradoxon" trägt. Wie sinnig ...

... Mensch, was wäre ich jetzt gerne in meiner leerstehenden Bruchbude. Ich bin doch gerade am Umziehen und meine alte Bude steht leer. In der neuen stehen dafür die Umzugskisten. Noch unausgepackt. Leider kam diese "Schiffsreise" dazwischen.

Und nun hab ich Hunger, Durst und bin müde. Zuversicht auf Besserung ? Nix davon zu spüren. Wie soll ich vertrauen ? Auf "diesem" Schiff. Da nützt auch das farbenfrohe Kaminfeuer in dieser Suite nichts.

Laute Töne fahren mir durch Mark und Bein. Die Schiffsposaune tönt. Wir legen ab. Auch das noch. Verhungern auf offener See. Und warum kommt mir jetzt erst die Idee, dass ich doch wieder an Land gehen hätte können ... aber ätsch ... zu spät ... die Hafengebäude ziehen am Schiff vorbei ... es ist zu spät für eine Rückkehr. Ein letzter Blick auf das hohe Gebäude der "Gebrüder Grimm KG" mit seinem Wahrzeichen, der Wetterhexe aus Aluminium, auf dem Dach. Ob ich die jemals nochmal sehen werde ?

Ein großer, griesgrämiger Mann öffnet auf einmal die Tür des zweiten Zimmers und steht nun vor mir. Ich murmele ein schwaches "ich bitte um Vergebung, aber ...", da fährt mich der Mann an "was waren sie im früheren Leben ?".

"Ich weiß nicht, ich hab nur Hunger" antworte ich.

"Ja ja, das haben wir gerne, meine Fragen nicht beantworten und dann auch noch was zu essen wollen. Womöglich noch eine Limette, wahrscheinlich noch eine der gescheckten Sorten. Sie könne mich mal gern haben" sagt er und zieht von dannen.

Gern haben ... diese Worte kreisen in meinem Kopf ... und auf einmal fühle ich mich sooo allein. Ja, ich würde wirklich so gerne eine Frau kennen lernen und liebhaben. Mit ihr auf der Couch sitzen, den Sommervögeleinwalzer von Francois Clochard hören und sie dabei umarmen. Mit ihr philosophieren über Toleranz und Mitmenschlichkeit. Und ihr dann später meine Amphibienfahrzeug-Sammlung zeigen.

Ihr Beruf wäre mir völlig egal, sie dürfte auch Logopädin sein oder beim Zahnarzt arbeiten. Und mir dann von ihrem Berufsalltag erzählen, während wir unter dem schönen Kastanienbaum am Scheffler-Platz sitzen und den Eichhörnchen zuschauen. Hach ... alles nur Träume ... stattdessen verhungere ich hier im Flur dieses blöden Schiffes.

Ein leises Knistern fährt durch das Schiff. Gefolgt von einem Wellenrauschen. Das Schiff wird schneller und nimmt Fahrt auf. Der Hafen ist auch nur noch in der Ferne zu sehen.

Was würde ich jetzt für etwas Essbares geben, ich würde sogar einen Sahnekefir trinken, obwohl ich den gar nicht mag. Ein Arbeitskollege hat von dem immer zwei Becher am Tag getrunken. Mit den Worten "Kefirkulturen von höchster Reinheit, prostete er mir zu. Ich bin dann immer aus dem Zimmer raus, bevor mir schlecht wurde.

Und heute ... ja heute würde ich sogar einen Kefir trinken.

Ich gehe ins dritte Zimmer ... im Gang auf mein Ende zu warten bringt ja auch nix. Das Zimmer scheint ein Schlafzimmer zu sein. Oder doch ein Muskzimmer. Denn in der Ecke steht ein Grammophon. Daneben liegt eine Platte von Lolo Wunder. Normalerweise hätte ich mich dafür interessiert ... doch was ist an diesem Tag schon normal.

"Kinder, Kinder, da machst was mit" ... seufze ich ... während unten im Schiff irgendein Pumpwerk anläuft, das Schiff kurz ruckt und noch schneller zu werden scheint.

Ich stehe immer noch in diesem Zimmer ... wahrscheinlich ein Entspannungszimmer. Musik hören und dabei auf dem Bett liegen.

Draußen auf dem Gang sind wieder Stimmen zu hören. Zwei Männer laufen vorbei, sagt der eine zum Anderen: kennst du schon den neusten Hit der Mischell, "vogelfrei" heißt er. Sagt der andere "natürlich kenne ich den, ich hab mir doch ihre letzte CD "Traumreise" gekauft. Da ist noch ein richtig schönes Lied drauf "ich möcht mir dir zusammen alt werden"

Dann verschwinden die Beiden wieder ... ich lasse mich aufs Bett fallen ... fange zu heulen an. Zum Teil, weil ich so hungrig bin und zum noch größeren Teil, weil sie Worte "zusammen alt werden" mich ganz tief berührt haben. Was würde ich gerne mit jemanden die mir noch verbleibenden Jahre meines Lebens teilen.

Eine Frau zu finden, sie zu lieben, sie fest an mein Herz drücken. Was kann es denn Schöneres geben als die Liebe?

Mein Magen knurt mich aus meinen Träumen wach und ich sehe im Augenwinkel, dass auf dem kleinen Tisch neben dem Bett ein Radio steht. Ich schalt einfach mal an ... ohne zu wissen, warum ich das tue.

Die Nachrichten kommen gerade "der Dieselpreis ist in den letzten Tagen wider kräftig gestiegen" ... ich schalte auf einen anderen Sender ... dort kommt ein Bericht über die erste deutsche Quiltausstellung. Im nächsten Sender kommt eine Filmkritik über Schwill Teigers neuen Film "die Leichtigkeit des Seins". Ich drehe und drehe am Senderknopf, finde aber keinen weiteren Sender.

Stattdessen knistert es von oben. Ich erschrecke furchtbar, als über einen Lautsprecher in der Decke eine weibliche Stimme alle Passagiere des Schweinbackenschiffes begrüßt. Sie sagt wörtlich "willkommen an Board, wir fahren nur nach Indien, dort ist Sommer, feiern sie, liebe Passagiere der Schweinebacken, gemeinsam den Indian Summer. Wir werden zwei Tage Aufenthalt in Indien haben und dann weiter nach Uruguay fahren. Dort werden wir das superkalifragilistischexpialidorisch Sommerfest der Happy-Hippo-Indianer feiern. Jeder Schiffspassagier darf mit dem Sohn des Häuptlings Streicheleinheiten austauschen und ein Viertele Kärntner Reindling trinken. Danach steht noch ein Spaziergang und kuscheln mit der schönen Tochter des Häuptlings auf dem Programm."

Ich lege mich auf das Bett und frage mich, in welchem schlechten Film ich bin ... da spricht die Dame weiter:

"Fühlen sie sich wohl auf unserem Schiff der Reederei Geborgenheit. Unsere Partnergesellschaft "Walter Erlieben und Co" hat eine Pommeliermaschine gestiftet, die sie im Frühstückraum finden."

Es knackst im Lautsprecher ... mehr hat die Dame nicht zu sagen ... doch in meinem Kopf hallt ein Wort unbarmherzig laut nach ... FRÜHSTÜCKSRAUM ... wo ist der ... wie komme ich da hin ... wo ist mein Seelenheil ...

Leise Töne ... so wunderschön melodisch ... dringen an mein Ohr und besänftigen mich. Vor mir steht eine Fee, wie aus tausendundeiner Nacht. In der Hand ein Glasperlenspiel.

Sie beugt sich zu mir herunter und sagt "ja, was sehen ich denn da ... ich würde mal sagen, wenn der Herr nicht bald etwas zu Essen bekommt, dann erleidet er einen Kolateralschaden."

Die Fee hat eine wunderbare Stimme und normalerweise könnte ich da stundenlang zuhören. Aber so viel Zeit hab ich nicht mehr, bevor ich verhungert bin. Außerdem verwirrt mich etwas. Über ihrer Nase ist ein dunkelblauer Punkt zu sehen.

Ich frage "was ist denn das für ein blauer Pickel". Sie antwortet "das war die falsche Frage, das ist kein Pickel, das ist ein Pixel, denn ich bin eine virtuelle Fee. Hätten sie gesagt "ich liebe dich", dann hätten sie einen dreiwöchigen Kuraufenthalt in Bad Wildschweindungen gewonnen, aber so haben sie Pech".

Sagt es und verschwindet wieder. Löst sich einfach auf ... ja herrschaftszeiten, spielt auf diesem Schiff denn alles verrückt. Oder ist in mir nur ein Schräublein locker und ich bilde mir das alles nur ein ? Wäre das ein Glück, wenn ich jetzt aus diesem Traum aufwachen könnte, denke ich ganz sehnsuchtsvoll ...

... und schon ruft mir eine Stimme zu "schaff dich endlich aus den Federn, du Faulpelz. Die Sonne scheint und du liegst immer noch im Bett." Die Dame, die zu der Stimme gehört, zieht den Rollladen hoch und gleißendes Licht durchflutet den Raum.

Der Raum ... sieht aus wie mein Schlafzimmer. Nix mehr Schiff. Sollte ich das alles nur geträumt haben ? Und vor mir ... ja doch ... ich erinnere mich ... das ist meine Frau.

Die jetzt das Fenster öffnet und "Licht ... der Tag ist voll Licht ... und du würdest ihn einfach verschlafen ... ja weißt du denn nicht, wie wichtig diese Lichtmomente sind ? Steh auf, Männchen, aber ein bißchen schnell. Wir wollen doch heute zum Tag der offenen Tür ins Schiffshebewerk fahren."

"NEIN ... schreie ich ... nicht zum Schiffshebewerk" ... lass uns lieber woanders hin fahren ... "außerdem habe ich Hunger ..." ... zur Antwort kriege ich "in der Küche steht eine Schüssel Kopfsalat, die kannste essen, mehr gibts nicht, du bist eh zu dick. Danach gehen wir in den Stadtpark zur Sonntagsmorgengymnastik, die haben heute "Rhythmus"-Stunde. Das schadet dir gar nix. Und nun raus aus den Federn."

"Können wir nicht lieber dem Wolkenspiel zuschauen. Wir wollte doch mal wieder zu dem kleinen Park fahren. Dort beim Gebäude der Gerichtsvollzieherinnung. Ein bißchen in der Sonne liegen, da wäre ich glücklich und zufrieden"

"Nix da ... wir gehen zur Gymnastik ... wer abends zu viel Moselwein säuft, der hat die Schnauze zu halten und das zu machen, was ich sage".

Und, liebe Leute ... just in diesem Moment ... ich hätte das nie für möglich gehalten ... habe ich mich wieder zurück auf das Schweinebackenschiff gewünscht.

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Uff, das waren fast 3 Stunden harte Arbeit ;)). Und wär jetzt meint, das könne nur ich, der schaue einfach mal in die Seelenfärbler-Rubrik im Lichtblick :)).


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Lichtblick  |  Forum  |  Wim
 


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