Es ist nicht alles Gold, was glänzt
Es ist nicht alles Licht, was Kerze ist
Und es gibt Öffnungszeiten
Fangen wir mal mit den Öffnungszeiten an ... bei fast jedem Friedhof
steht ein Schild mit der "Friedhofsordnung" davor ... "du sollst nicht
... dies und das und jenes". Alles vernünftig, denn das ist ja ein Ort
der Ruhe, da lärmt man nicht, macht keine Musik und stört die Totenruhe
nicht. Oder besser: die ruhigen Gespräche der Nochlebenden mit ihren verstorbenen Angehörigen und Freunden.
An einem Tag wie Allerheiligen, an einem Tag der brennenden Kerzen ist
mir diese Ordnung schnurzpiepegal. Nicht nur mir, der Friedhof ist voll
an diesem Abend. Viele Menschen (es waren auch viele Kinder dabei) gehen zu den Gräbern oder schauen sich
einfach nur die Lichter an. Die Atmosphäre ist eine ganz besondere und
welches Verbot will Feierlichkeit verbieten, nur weil es zusätzlich auch
noch dunkel ist. Dunkel sein muß, um diesen Zauber überhaupt sehen zu
können.
Manche "Ordnungen" sind sinnvoll, damit nicht gestört oder zerstört
wird. Manche Ordnungen dienen zur Absicherung, damit niemand die Stadt
verklagt, weil er des Nachts und unbeleuchtet über einen Grabstein
gefallen ist.
Manche Abende entziehen sich solchen Ordnungen. Davon abgesehen
würde ich das Grab meiner Mutter zu allen Tages- und Nachtzeiten
besuchen, wenn die Tür zum Friedhof offen ist. Wann ich dort bin, geht
nur mich und meine Mutter etwas an. Die Totenruhe an sich kann ich nicht
stören, weil das nur noch Reste der sterblichen Hüllen sind.
Was die Lebenden ausgemacht hat, ist nun Seele und die kann man nicht
einsperren und unter die Erde legen. Die Seele fliegt ... sollte sie ab
und zu ihr Grab besuchen, so könnte es durchaus sein, dass sie etwas
mehr "Unruhe" wünscht. Denn das Leben zuvor war auch nicht nur ruhig und
besinnlich. Da wurde gelacht und gesungen.
Gestern ...
... da wollte ich die feierliche, lichtvolle Ruhe zeigen. Wie ein
Friedhof mit ...
... vielen Lichtern aussieht.
Über eine Stunde waren Beate und ich dort. Von 18.02 Uhr bis 19.13 Uhr
war auch alles in Ordnung. Es war wunderschön und ich zufrieden mit den
Bildern, vor allem, weil ich zufällig mal das dabei hatte, was ich für
solche Bilder brauche: mein Stativ. Und es war recht mild und trocken. Perfekt.
Doch der Schönheitsfehler sollte kommen. Gottseidank kurz vor Schluss,
wir waren bereits auf dem Weg zum Eingang und ich wollte nur noch eine
letzte Bilderreihe machen.
Da fiel mein Blick in die andere Richtung ... und nur per Zufall sah ich
auch was. Weils nicht so weit entfernt war. Schließlich war es dunkel und
außer den Lichtern sieht man wenig, nur die hellen Steinwege
lassen sich erahnen. Schemenhaft ist auch die Mülltonne zu sehen. Und
mehr als das nur, wenn der Schein einer der vielen Taschenlampen da
drauffällt.
Was man dann sieht, könnte die Stimmung schon etwas kaputt machen. Die
heile Welt der Lichter wird nämlich bei Anblick dieses Bildes ...
etwas unheil.
Ich würde mal sagen: es gibt mehr Müll als Mülltonnen.
So schön diese Lichter sind, es sind auch außergewöhnlich viele. Quasi
eine Ausnahmesituation. Auch was den Müll betrifft. Wenig feierlich
stellen die Menschen eben nebendran, was nicht mehr reinpasst. Oder
werfen es halt in den Container, der für die Pflanzenabfälle gedacht
ist. Hauptsache weg mit dem Zeugs, was nicht mehr brennt.
Die Nacht ist gnädig und man sieht nur etwas davon, wenn man drüber
stolpert. Bei Tag kommt dann das vermüllte Erwachen, aber das ist eben
so, wenn die Nacht der Lichter vorbei ist.
So sieht das Lichtermeer am Tag aus:
Wie ein Friedhof eben ... noch stehen die Lichter auf den Gräbern ...
doch wie mag das mit dem Müll erst aussehen, wenn alle abgebrannten
Lichter auch noch dazu gestellt werden. Jede Medaille hat zwei Seiten und
nachts sieht man nur die eine ...
... also geben wir dem Müll eine zweite Chance, warten bis zum Folgetag
und fahren dann gegen 16 Uhr nochmal hin. Gestern war das. In meinem
Gesicht die spannende Frage "ist der Müll noch da" ?
Die Antwort: ja, denn ...
... in Deutschland ist alles geregelt. Was man auf dem Friedhof darf und
was nicht ... und ... wann die Müllabfuhr kommt. Im schlimmsten Falle
erst nächsten Dienstag ... was muss denn auch Allerheiligen so ungünstig
fallen ;)).
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