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11. Januar 2008

Gestern morgen beim Supermarkt ... auf dem Weg zum Eingang bleibt mein Blick an einem alten Mann hängen. Gebeugt, den Einkaufswagen als Gehhilfe nutzend, äußerst mühsam laufend. Pro Schritt 20 Zentimeter, mit Pausen.

Meine Gedanken

"wie arm dran"
"kann wohl besser Auto fahren als gehen"
"kann er denn wirklich noch gefahrlos Auto fahren ?"

Ich gehe ins Geschäft, finde nicht, was ich suche und bin auch gleich wieder draußen.

Nun ist der alte Herr auf dem Rückweg, hat den Einkaufswagen abgestellt und ist nun mit Stock unterwegs. Genauso mühsam.

Kurze Zeit später hatte er sein Auto erreicht und saß drin. Die Beine aus der geöffneten Fahrertür hängend.

Ich grübele ... kommt er jetzt nicht weiter, kann er sich nicht drehen.
Mein Helfersyndrom erwacht, räkelt sich und fragt schon mal leise, ob es hingehen soll.

Doch zuerst beobachte ich noch ... die Menschen laufen vorbei ... hmm ... da ... es war mir so, als würde er sich ins Auto drehen wollen, schafft es aber nicht. Hmm ... war das jetzt nur Illusion oder Tatsache. Die Menschen laufen immer noch vorbei und keiner hält an.

Ich fahre los ... mal langsam an dem Herrn vorbei ... der sitzt einfach da ... die Beine hängen zur Türe raus und mehr Besonderheiten gibt es nicht. Am anderen Ende des Parkplatzes halte ich wieder an. Es lässt mir keine Ruhe, mit mehr Besorgnis als Neugier gehe ich zu ihm hin.

"Kann ich ihnen helfen ?" frage ich.

"Ich entspanne" kriege ich zur Antwort.

Ach, da sitzt der Kerl einfach nur da und entspannt ... während ich mir das in voller Anspannung betrachte.

Bevor ich mich von ihm freundlich verabschieden kann ... fängt er an zu erzählen ...

- von seinem alten Mercedes, von dem Unfall vor 15 Jahren, bei dem gottseidank die Fahrertür aufging, er rausfiel und sich ne Rippe brach
- von seinem aktuellen Mercedes, bei dem bestimmt nicht mehr die Türe aufgehen würde
- von seinem Neurologen
- dem Herzschrittmacher
- dem Professor, der gemeint hat, er (der Mann) sei noch fit

Ich friere.

Ich sage ihm das auch ... menno, ich wollte doch nur mal kurz fragen, ob alles in Ordnung ist und hatte keine Jacke angezogen. Ein minutenlanges Zuhören, stehend auf dem Parkplatz, ist auch bei milden Temperaturen eine kühle Angelegenheit.

"Tut mir leid, ich friere so langsam" sage ich und mache eine Körperbewegung, die den Wunsch, zum Auto zurückzugehen symbolisieren soll. Da meint der Herr "Moment noch, das muss ich ihnen noch erzählen". Menno, fröstel.

Drei weitere Male musste ich mich dem Herrn als frierend zu erkennen geben ... bis ich endlich gehen durfte und konnte ;)).

Irgendwann im Laufe des Gesprächs erzählte er auch, wie alt er ist: in ein paar Wochen werde er 90.

Respekt. Körperlich nicht mehr fit, was das Laufen betrifft, aber geistig ... alle Achtung.

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Wie sind denn Eure Erfahrungen mit Autofahrer(inne)n, die schon etwas älter sind ?

 



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