Home

23. Juni 2009


Ein Phänomen, das allen, die im Internet schreiben, schon mal begegnet ist:

Dem, der schreibt, ist ganz klar, wie er es meint.

Das gilt auch für Bilder ... der Fotograf weiß genau,
was ihn am Motiv zum Foto inspiriert hat.


Und dann stellt man anhand der Reaktionen fest:

Uuuups ... das wird ja ganz anders gelesen oder gesehen.


Und ... wichtig ... nicht nur das ... "wie" etwas empfunden wird,
ist auch noch von Tag zu Tag und von Stunde zu Stunde anders.

Wie es geschrieben wird auch ... was ich jetzt schreibe,
würde ich morgen anders formulieren.

Doch heut' ist heut' und da geht es um das Bild ...



... das gestern im Kalender war.

Für mich war klar, dass das ein geniales Foto ist.
Für mich !!
Wie ein japanisches Kunstwerk liegt der grüne Halm auf den dunklen Blättern.
Ich mag die Einfachheit und gleichzeitige Raffinesse des Motivs.

Und dann musste ich gestern lesen:

- Bild gefällt mir nicht so sehr
- ziemlich trübe
- hebt meine Stimmung nicht

Ich könnt Euch knutschen !!

Ja, ich mag kritische Kommentare ... oder besser: ehrliche Kommentare.
Loben, wenn man's anders meint, ist blöd.
Kritisieren, nur weil man kritisieren will, natürlich auch.

Für mich, der ich glaubte, ein geniales Bild fotografiert zu haben,
ist das eine sehr interessante Erfahrung, dass ein paar von Euch
beim Betrachten eher trübe Gedanken bekommen.

Jaja, wenn die Maler, deren Werke in Ausstellungen hängen,
wüssten, was die Betrachter so vor sich hinmurmeln ;)).


Es gab natürlich auch sehr positive Kommentare zum Blatt,
das will ich hier überhaupt nicht verschweigen.


Und es gab einen Kommentar, der da lautete:

es ist schon schon sehr spannend, dass dieses Motiv nicht allen gefällt.


Genau !!
Es ist auch spannend, wenn Menschen sagen, was sie denken
und man fest stellt, dass das eigene Gedankenbild nur eines von vielen ist.
Dabei ist sich jeder erst mal sicher, dass es so ist, wie er es empfindet.


Warum dieses Bild im Kalender ?

Als Foto wegen des Halms:



Alles andere ist Beiwerk, der grüne Halm zählt.

Das Zitat nimmt dafür den grünen Halm ganz raus
und widmet sich nur dem Wasser, der Stille, den Andeutungen.

"In der Stille reifen die großen Dinge"

Wenn man denkt, es wären vertrocknete Blätter, die da schwimmen,
dann erschließt sich das Zitat nicht, weil man von einem großen Ding weit und breit nichts sieht.

Wenn man sieht oder weiß, dass das Seerosenblätter sind,
dann weiß man, welche schöne (große) Dinge aus diesen Blättern entstehen.

Im April fotografiert ... bedeutet dieses Foto
 eine kleine Gedankenrückschau auf die Zeit, in der alles angefangen hat.
In der die Blätter gerade die Wasseroberfläche erreicht hatten,
damit im Juni oder Juli große Dinge zu sehen sind.

Ein kleiner Stilbruch im Kalender, denn das Bild passt nicht in die Jahreszeit,
was mir gestern überraschenderweise auffiel und mich stirnrunzeln ließ.

Man kann aber auch alle Gedanken um Jahreszeit und Trübnis und Halm ungedacht lassen
und einfach nur auf das Wasser schauen und seine meditative Stille fühlen.


Dann darf man aber hier nicht weiterlesen ... denn die Stille ist gleich weg *gg*.

Ein "großes Ding" ... kann ein tiefer Gedanke sein, eine schöne Seerose,
ein großer Frosch oder auch dieser grüne Halm ... fotografisch gesehen trägt er das Bild
und deswegen ist er schon auch ein großes Ding ... oder besser: wichtiges Ding,
denn so arg groß ist er ja von den Maßen her nicht.

Im Hermannshof war das ... April ... die Tulpen blühten wunderbar,
aber der Teich ruhte noch still ... das Werden fand noch unter der Wasseroberfläche statt.



Wenn der Teich voll mit grünen Blättern ist,
sieht man die, die unter Wasser sind, nicht mehr.

Doch wenn weit und breit nix zu sehen ist,
dann sind die paar Blätter, die gerade mal so die Oberfläche erreicht haben ...



... ein Foto wert.

Moment ... ich schneide das Bild mal anders:



Um 13 Uhr 37 Minuten und 57 Sekunden fotografiert.

2 Minuten und 24 Sekunden später entstand dieses Foto:



Da hatte doch tatsächlich irgendjemand, wahrscheinlich ein Kind,
einen abgerissenen Grashalm in den Teich geworfen ... und das ...

... soll nun ein großes Ding sein ??

Eine an sich negative Tat (Pflanze einen Arm ausreißen und dann
ohne tieferen Sinn wohin werfen) soll etwas Besonderes sein ?

Was mich als Fotografen angesprochen hat,
war ein von Menschen erzeugtes Stillleben.

Keine Natur, auch wenn alles, was man sieht, natürlich ist.

Ein weggeworfener Halm soll meditativ sein ?
Sehen große Dinge nicht anders aus ?

Sagen wir mal so ... wäre denn das Bild im Kalender,
wenn da "kein" Halm zu sehen wäre ??

;))
 



zurück zur Kalenderblatt-Hauptseite

Kalenderblatt-Archiv