Hildeee und Tom - Folge 5
Was bisher geschah
Hilde fährt an ihrem Hochzeitstag ihrem Mann
Thomas (Tom) nach, weil dieser den Geldbeutel vergessen hatte und
entdeckt, dass ihr Mann ein Verhältnis hat und jeden Mittwoch nicht zum
Stammtisch, sondern zu einer Frau fährt.
Nach ein paar erfolglosen, weil zu dezenten Hinweisen, geht Hilde in
einer spontanen Affekthandlung zu einem Privatdetektiven.
Nun ist Dienstag, Tag 34 nach der Entdeckung, und Hilde schreibt in ihr
Tagebuch "Nur
nicht durchdrehen ... der große Tag ist doch erst morgen. Ab morgen, da
wird alles anders werden. Da wird mein Tom ..."
--
Und heute ist der große Tag ... bzw. soll der große Tag sein ... man
weiß ja nicht, was so passieren wird. Wünsche, Pläne und Vorhaben sind
eines, doch das Leben kommt manchmal dazwischen.
Von außen erkennbar ist ... nichts.
Thomas macht an diesem Mittwoch dies und jenes und Hilde ist zwar sehr
nervös, aber in ihrem Bügelzimmer verschwunden. Und so geht die
Kommunikation gegen Null, weil die beiden sich kaum sehen.
Um 16 Uhr verschwindet Hilde mit einem "ich bin bei meiner Freundin, der
soll ich zwei neue Hosen abstecken ... wünsche dir einen schönen Abend
beim Stammtisch". Tom antwortet "danke" ohne weitere Hintergedanken.
"Einen schönen Stammtisch" hat ihm Hilde zwar eher selten gewünscht,
aber ab und zu kam das vor.
Hilde war aber nicht bei ihrer Freundin, sondern in der nächsten Stadt,
wo es noch eine Postfiliale gab. Dort machte sie etwas, dass sie vor 17
Jahren zum letzten Mal gemacht hat: sie gab ein Telegramm auf. Da ihre
Hände bei ihrem Gespräch mit dem Postbeamten zitterten, versteckte sie
Hilde hinter ihrer Handtasche.
Aufgeregt war sie ... so aufgeregt wie noch nie. Aber es waren keine
Schmetterlinge im Bauch ... es fühlte sich eher wie Kettensägen an.
Danach ging Hilde erstmal in ein Cafe ... zwei Stücke Kuchen mussten
sein und zwei Tassen Cappu. Ein bißchen Ruhe finden ... irgendwie.
.
.
Tom hatte sich inzwischen fertig gemacht wie immer ... fuhr auch wie
immer los und kam wie immer in der ersten Straße rechts an dem weißen
Haus mit den blauen Klappläden in Gartenweiler an.
Er klingelte ... nichts geschah.
Tom klingelte nochmal ... immer noch nichts.
Er geht hinters Haus ... auch weit und breit niemand zu sehen und die
Terrassentür ist zu. Was bei dem Wetter (es war zwar trocken, aber
windig-kühl) normal war.
Tom geht nochmal nach vorne ... klingelt ... und sieht gleichzeitig,
dass die Haustüre nun nicht mehr fest geschlossen, sondern nur noch
angelehnt ist.
"Meine Sonne, hier bin ich ..." ruft er beim Reingehen und findet am
Treppengeländer einen Zettel "bin oben im Schlafzimmer, habe eine
Überraschung für dich". "Ich komme" säuselt Tom ... und dann singt er
das "ich komme" noch einmal ... und lächelt dabei ... ist doch auch mal
schön, wenn man im Schlafzimmer erwartet wird. Tom öffnet das
Schlafzimmer ... keine Sonne zu sehen.
Tom schaut nebenan ins Bügelzimmer und in das normalerweise leerstehende
Gästezimmer ... auch nix zu sehen. "Wo bist du" schallt es durchs Haus
... in diesem Moment hört er unten eine Tür zuschlagen und ein Geräusch,
das er nicht näher identifizieren kann ... so, als würde jemand etwas
werfen. An der Treppe sieht Tom dann, was geworfen wurde ...
Sonnenblumenblüten ... viele Sonnenblumenblütenblätter lagen auf der
Treppe.
"Hey ... du machst das ja richtig spannend ... meine Sonne ... wo bist
du" ... sagts und läuft die Treppe runter und in Richtung Wohnzimmer.
Dort ist niemand zu sehen, aber sonst alles wie immer. Obwohl ... dass
da hinter dem Sessel ein großer Sonnenblumenstrauß steht, gibt es auch
eher selten. Ganz kann dieser aber nicht verdecken, dass man sieht, das
auf dem Sessel jemand sitzt.
Tom ist jetzt irgendwie aufgeregt ... läuft in Richtung Sessel, zieht im
Vorbeigehen eine Sonnenblume aus der Vase ... läuft am Sessel vorbei,
dreht sich schwungvoll um, sagt "für dich, meine Rose" und bekommt die
Antwort "dankeschön, freut mich sehr". Tom sagt noch "aber gerne doch"
... und dann nichts mehr. Denn diese Stimme hatte er nun nicht erwartet
... diese Frau auch nicht ... vor ihm sitzt seine Hilde.
Tom sagt nun nix mehr (und kann auch nicht mehr denken) ... Hilde
schweigt ebenfalls (reden geht nun nicht mehr, in Ohnmacht fallen wäre
möglich, ist aber nicht erlaubt).
Nach ein paar langen Sekunden quetscht er ein "Hi ... Hi ..." aus dem
Mund ... und erntet ein "sorry, ich verstehe dich nicht, wolltest du
Hilfe oder Hilde sagen".
"Hi ..." sagte Tom nun nochmal und wünscht, dass es ein Traum ist, aus
dem er gleich erwacht. Er blinzelt ein paar Mal ... und sieht immer noch
Hilde.
"Wa wa ... was machst du hier" fragt er ?
"Ich bin die Königin des Abendlandes und warte auf den Sonnenuntergang"
antwortet Hilde.
"Wie kommst du hier rein" ?
"Durch die Tür"
"Woher weißt du überhaupt ..."
"Ist das wichtig ... es reicht, "dass" ich das weiß" ... Hilde steht nun
auf, nimmt in eine Hand einige Sonnenblumen und wird es später nie mehr
glauben, dass sie das wirklich getan hat ... sie drischt mit den Blumen
auf Thomas ein. Der weicht überrascht zurück, wird aber durch den
anderen Sessel gestoppt und fällt dort hinterrücks hinein. Hilde schreit
und sorgt dafür, dass die Blumen ihre Fassung verlieren und nur noch
grüne Fragmente und einzelne Blüten sind. Tom hält die Hände vors
Gesicht, um das Schlimmste zu vermeiden.
Als die Blumen alle und kaputt waren, steht eine schnaufende Hilde vor
einem verängstigten Tom.
Dieser öffnet nun die Arme (ist ja nix mehr zum Schlagen da), schaut
Hilde an ... lange Sekunden ... noch länger ... und fängt auf einmal ...
.... zu lachen an. Lautes Lachen erfüllt den Raum, Tom scheint nie mehr
damit aufhören zu wollen.
Hilde hat ja nun mit allem gerechnet, nur damit nicht. Sie steht
verdutzt da ... es tut ihr nun doch leid, dass sie so ausgerastet war
... doch der Kerl steht da und lacht.
Und dann sagt Tom "mensch Hilde, mit dir kann man ja Pferde stehlen ...
das hätte ich gar nicht gedacht. Eine Frau, die Humor hat, auch mal
unberechenbar ist ... und auch ein bißchen böse sein kann, das isses
doch. So hätte ich mir dich immer gewünscht".
Tom schweigt nun ... dem kurzen Impuls, Hilde zu umarmen, nachzugeben,
das hat er sich doch nicht getraut ... also steht er einfach nur da ...
derweil Hilde Tränen in den Augen hat.
"Das ist alles ein bißchen viel", sagt sie ... "ich bin so doch gar
nicht ... und weiß auch gar nicht, ob ich überhaupt bei dir bleiben
will. Ich fahr jetzt nach Hause, Thomas ... ich muss nachdenken ... lass
uns morgen früh über alles reden".
"Ja, morgen früh" sagt Tom geistesabwesend ... es war auch für ihn ein
heftiges Erlebnis.
.
.
Hilde fährt nach Hause und erinnert sich, wie sie den Detektiv
beauftragt hat, Toms Flamme den Schlüssel zu klauen, einen Nachschlüssel
fertigen zu lassen und dann jemand den Schlüssel als ehrlichen Finder
vorbeibringen zu lassen.
Und sie erinnert sich, wie sie ihr ein Telegramm geschickt hat mit
folgendem Text "meine Sonnenkönigin, komme bitte nach Brückstadt ins
Hotel Sonne und warte dort auf mich. Ich habe eine Überraschung für
dich, dein Tom". Auf diese Weise konnte Hilde ganz ungestört ihre
"Sonnenuntergangsfeier" gestalten.
Wehmütig wurde Hilde bei dem Gedanken, dass alles aus ist ... und
wütend, was alles gewesen war. "Vielleicht wird das, was war, leiser und
irgendwie gehts weiter ... aber anders". So ein bißchen hatte Hilde die
Idee, dass sie den Vorhang zu einem neuen Leben einen Spalt breit
geöffnet hat ... sie als neue Hilde mit mehr Mut und Humor ... und er
als Tom mit mehr Treue und um eine Erfahrung reicher.
"Ja, vielleicht ..." sagt Hilde leise und lächelt etwas dabei.
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