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29. September 2009


Hildeee und Tom - Folge 5

Was bisher geschah

Hilde fährt an ihrem Hochzeitstag ihrem Mann Thomas (Tom) nach, weil dieser den Geldbeutel vergessen hatte und entdeckt, dass ihr Mann ein Verhältnis hat und jeden Mittwoch nicht zum Stammtisch, sondern zu einer Frau fährt.

Nach ein paar erfolglosen, weil zu dezenten Hinweisen, geht Hilde in einer spontanen Affekthandlung zu einem Privatdetektiven.

Nun ist Dienstag, Tag 34 nach der Entdeckung, und Hilde schreibt in ihr Tagebuch "
Nur nicht durchdrehen ... der große Tag ist doch erst morgen. Ab morgen, da wird alles anders werden. Da wird mein Tom ..."

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Und heute ist der große Tag ... bzw. soll der große Tag sein ... man weiß ja nicht, was so passieren wird. Wünsche, Pläne und Vorhaben sind eines, doch das Leben kommt manchmal dazwischen.

Von außen erkennbar ist ... nichts.

Thomas macht an diesem Mittwoch dies und jenes und Hilde ist zwar sehr nervös, aber in ihrem Bügelzimmer verschwunden. Und so geht die Kommunikation gegen Null, weil die beiden sich kaum sehen.

Um 16 Uhr verschwindet Hilde mit einem "ich bin bei meiner Freundin, der soll ich zwei neue Hosen abstecken ... wünsche dir einen schönen Abend beim Stammtisch". Tom antwortet "danke" ohne weitere Hintergedanken. "Einen schönen Stammtisch" hat ihm Hilde zwar eher selten gewünscht, aber ab und zu kam das vor.

Hilde war aber nicht bei ihrer Freundin, sondern in der nächsten Stadt, wo es noch eine Postfiliale gab. Dort machte sie etwas, dass sie vor 17 Jahren zum letzten Mal gemacht hat: sie gab ein Telegramm auf. Da ihre Hände bei ihrem Gespräch mit dem Postbeamten zitterten, versteckte sie Hilde hinter ihrer Handtasche.

Aufgeregt war sie ... so aufgeregt wie noch nie. Aber es waren keine Schmetterlinge im Bauch ... es fühlte sich eher wie Kettensägen an.

Danach ging Hilde erstmal in ein Cafe ... zwei Stücke Kuchen mussten sein und zwei Tassen Cappu. Ein bißchen Ruhe finden ... irgendwie.

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Tom hatte sich inzwischen fertig gemacht wie immer ... fuhr auch wie immer los und kam wie immer in der ersten Straße rechts an dem weißen Haus mit den blauen Klappläden in Gartenweiler an.

Er klingelte ... nichts geschah.

Tom klingelte nochmal ... immer noch nichts.

Er geht hinters Haus ... auch weit und breit niemand zu sehen und die Terrassentür ist zu. Was bei dem Wetter (es war zwar trocken, aber windig-kühl) normal war.

Tom geht nochmal nach vorne ... klingelt ... und sieht gleichzeitig, dass die Haustüre nun nicht mehr fest geschlossen, sondern nur noch angelehnt ist.

"Meine Sonne, hier bin ich ..." ruft er beim Reingehen und findet am Treppengeländer einen Zettel "bin oben im Schlafzimmer, habe eine Überraschung für dich". "Ich komme" säuselt Tom ... und dann singt er das "ich komme" noch einmal ... und lächelt dabei ... ist doch auch mal schön, wenn man im Schlafzimmer erwartet wird. Tom öffnet das Schlafzimmer ... keine Sonne zu sehen.

Tom schaut nebenan ins Bügelzimmer und in das normalerweise leerstehende Gästezimmer ... auch nix zu sehen. "Wo bist du" schallt es durchs Haus ... in diesem Moment hört er unten eine Tür zuschlagen und ein Geräusch, das er nicht näher identifizieren kann ... so, als würde jemand etwas werfen. An der Treppe sieht Tom dann, was geworfen wurde ... Sonnenblumenblüten ... viele Sonnenblumenblütenblätter lagen auf der Treppe.

"Hey ... du machst das ja richtig spannend ... meine Sonne ... wo bist du" ... sagts und läuft die Treppe runter und in Richtung Wohnzimmer. Dort ist niemand zu sehen, aber sonst alles wie immer. Obwohl ... dass da hinter dem Sessel ein großer Sonnenblumenstrauß steht, gibt es auch eher selten. Ganz kann dieser aber nicht verdecken, dass man sieht, das auf dem Sessel jemand sitzt.

Tom ist jetzt irgendwie aufgeregt ... läuft in Richtung Sessel, zieht im Vorbeigehen eine Sonnenblume aus der Vase ... läuft am Sessel vorbei, dreht sich schwungvoll um, sagt "für dich, meine Rose" und bekommt die Antwort "dankeschön, freut mich sehr". Tom sagt noch "aber gerne doch" ... und dann nichts mehr. Denn diese Stimme hatte er nun nicht erwartet ... diese Frau auch nicht ... vor ihm sitzt seine Hilde.

Tom sagt nun nix mehr (und kann auch nicht mehr denken) ... Hilde schweigt ebenfalls (reden geht nun nicht mehr, in Ohnmacht fallen wäre möglich, ist aber nicht erlaubt).

Nach ein paar langen Sekunden quetscht er ein "Hi ... Hi ..." aus dem Mund ... und erntet ein "sorry, ich verstehe dich nicht, wolltest du Hilfe oder Hilde sagen".

"Hi ..." sagte Tom nun nochmal und wünscht, dass es ein Traum ist, aus dem er gleich erwacht. Er blinzelt ein paar Mal ... und sieht immer noch Hilde.

"Wa wa ... was machst du hier" fragt er ?

"Ich bin die Königin des Abendlandes und warte auf den Sonnenuntergang" antwortet Hilde.

"Wie kommst du hier rein" ?

"Durch die Tür"

"Woher weißt du überhaupt ..."

"Ist das wichtig ... es reicht, "dass" ich das weiß" ... Hilde steht nun auf, nimmt in eine Hand einige Sonnenblumen und wird es später nie mehr glauben, dass sie das wirklich getan hat ... sie drischt mit den Blumen auf Thomas ein. Der weicht überrascht zurück, wird aber durch den anderen Sessel gestoppt und fällt dort hinterrücks hinein. Hilde schreit und sorgt dafür, dass die Blumen ihre Fassung verlieren und nur noch grüne Fragmente und einzelne Blüten sind. Tom hält die Hände vors Gesicht, um das Schlimmste zu vermeiden.

Als die Blumen alle und kaputt waren, steht eine schnaufende Hilde vor einem verängstigten Tom.

Dieser öffnet nun die Arme (ist ja nix mehr zum Schlagen da), schaut Hilde an ... lange Sekunden ... noch länger ... und fängt auf einmal ...


.... zu lachen an. Lautes Lachen erfüllt den Raum, Tom scheint nie mehr damit aufhören zu wollen.

Hilde hat ja nun mit allem gerechnet, nur damit nicht. Sie steht verdutzt da ... es tut ihr nun doch leid, dass sie so ausgerastet war ... doch der Kerl steht da und lacht.

Und dann sagt Tom "mensch Hilde, mit dir kann man ja Pferde stehlen ... das hätte ich gar nicht gedacht. Eine Frau, die Humor hat, auch mal unberechenbar ist ... und auch ein bißchen böse sein kann, das isses doch. So hätte ich mir dich immer gewünscht".

Tom schweigt nun ... dem kurzen Impuls, Hilde zu umarmen, nachzugeben, das hat er sich doch nicht getraut ... also steht er einfach nur da ... derweil Hilde Tränen in den Augen hat.

"Das ist alles ein bißchen viel", sagt sie ... "ich bin so doch gar nicht ... und weiß auch gar nicht, ob ich überhaupt bei dir bleiben will. Ich fahr jetzt nach Hause, Thomas ... ich muss nachdenken ... lass uns morgen früh über alles reden".

"Ja, morgen früh" sagt Tom geistesabwesend ... es war auch für ihn ein heftiges Erlebnis.

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Hilde fährt nach Hause und erinnert sich, wie sie den Detektiv beauftragt hat, Toms Flamme den Schlüssel zu klauen, einen Nachschlüssel fertigen zu lassen und dann jemand den Schlüssel als ehrlichen Finder vorbeibringen zu lassen.

Und sie erinnert sich, wie sie ihr ein Telegramm geschickt hat mit folgendem Text "meine Sonnenkönigin, komme bitte nach Brückstadt ins Hotel Sonne und warte dort auf mich. Ich habe eine Überraschung für dich, dein Tom". Auf diese Weise konnte Hilde ganz ungestört ihre "Sonnenuntergangsfeier" gestalten.

Wehmütig wurde Hilde bei dem Gedanken, dass alles aus ist ... und wütend, was alles gewesen war. "Vielleicht wird das, was war, leiser und irgendwie gehts weiter ... aber anders". So ein bißchen hatte Hilde die Idee, dass sie den Vorhang zu einem neuen Leben einen Spalt breit geöffnet hat ... sie als neue Hilde mit mehr Mut und Humor ... und er als Tom mit mehr Treue und um eine Erfahrung reicher.

"Ja, vielleicht ..." sagt Hilde leise und lächelt etwas dabei.
 



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