Sabine aus Schweden erzählt uns von ihrem Land:

6. November


Hej på er allihopa!

Ich nehme nicht an, dass Ihr den
schwedischen Verfasser Jan Fridegård (1897-1968) ...



... kennt.

Ich glaube, nur wenige seiner Bücher sind ins Deutsche übersetzt worden.

Bei uns gibt es das Fridegårdsmuseum ...



... ein kleines Heimatmuseum, in dem man mehr über ihn,
aber auch einiges über das Statarwesen erfahren kann.

Statare waren verheiratete Landarbeiter, die in der Regel
einjährige Arbeitsverträge hatten. Der Mann arbeitete als Knecht,
die Frauen waren zum Melken verpflichtet. Morgens, abends und manchmal auch
mitten am Tag mussten ca. 15 Kühe von Hand gemolken werden. Auch die Kinder ...





... mussten nach der Schule auf dem Hof mithelfen.
Die Behausungen waren armselig und oftmals verlaust.
Der Lohn wurde neben einem kleinen Geldbetrag in Naturalien ausgezahlt.
Dazu gehörten Getreide, Kartoffeln, Milch und Holz zum Heizen.
Der 24. Oktober war der grosse Umzugstag,



an dem sich viele Statarfamilien mit ihrem armseligen Hab und Gut
zu einer Anstellung bei einem anderen Grossbauern begaben,
immer in der Hoffnung es dort besser zu treffen.

Das Statarsystem entstand im 18. Jahrhundert und wurde erst 1945 abgeschafft.

Aber der Zusammenhalt war gut und manchmal lagen eigenartige,
fast gemütliche Stimmungen über dem Elend,
schrieb der Statarsohn Jan Fridegård später.

Er selbst schien für die Landarbeit recht ungeeignet zu sein
und wurde deswegen von anderen Kindern gehänselt.
Gut gemeinte Ratschläge seines Vaters schlug er ebenfalls in den Wind.
Er suchte einen Weg aus dem Statardasein und verdingte sich deshalb als Soldat.

Nach der Zeit beim Stockholmer Regement folgten einige Jahre in tiefer Armut.
Sein erstes Buch, eine Gedichtsammlung, erschien 1931 und danach folgte
eine Reihe von Romanen, die das Leben des ”kleinen Mannes” schilderten.

Der Absatz seiner Bücher war nicht gerade reissend.
Da kommt ein ehemaliger Statare mit nicht mehr als sechs Jahren Schulbildung daher
und schreibt über Armut, Ungerechtigkeiten und unglaubliche Arbeitsbedingungen.

Nein, darüber wollte man nichts wissen.
Schuster bleib bei deinen Leisten!

Aber Jan Fridegård liess sich gottseidank weder einschüchtern
noch vom Schreiben abbringen.

Ein Thema in späteren Büchern ist die Vikingerzeit.
 Hier steht der Sklave Holme mit seinem Kampf um die Freiheit im Mittelpunkt.

Ich habe diese Bücher förmlich verschlungen,
obwohl manche Grausamkeiten das Lesen nicht leicht machten.

Jan Fridegård hat um die vierzig Bücher geschrieben.
Heutzutage gehört er zu den anerkannten Schriftstellern Schwedens
und einige seiner Bücher wurden sogar verfilmt.
Hin und wieder besucht seine Tochter Åse Fridegård das Museum und ich hatte
schon öfters die Möglichkeit ihr zuzuhören, wenn sie über ihren Vater erzählte.

Die Bilder der Statarkinder, sowie das Bild mit Jan Fridegård
habe ich im Fridegårdsmuseum fotografiert.
Diese alten Fotos können einen wirklichen Einblick in das damalige Leben vermitteln.

Das ist ein Raum ...



... in diesem Museum, die Statarküche mit einem großen, gemauerten Herd

Nach diesem Ausflug in die Vergangenheit wünsche ich mir,
dass Petrus uns endlich mal wieder besseres Wetter beschert.

Im Moment wird es selbst tagsüber kaum richtig hell und die Nächte sind rabenschwarz.
Ein ordentlicher Schneefall könnte da Abhilfe schaffen
und mein Fotoapparat würde sich auch freuen.

Hej då!


Sagen wir mal so ... Dir, liebe Sabine, wünsche ich viel Schnee.
Ich selbst brauche ihn aber noch nicht,
deswegen soll es bitte "nur" in Schweden schneien ;)).

Vielen Dank für die heutige Reise in Schwedens Vergangenheit.
Sehr interessante Dinge, die nur Schwedenkenner wissen können und auf diese Weise
auch anderen zugängig gemacht werden ... ich finde das richtig klasse.



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