Gedichte von Heike


Ich bin

Ich bin, wie ich bin:
Zufrieden ein wenig.
Nicht glücklich.
Habe Freunde.
Habe Kind.
Habe Eltern.
Habe Wohnung.
Arbeit auch.
Familie nicht.
Zuhause nicht.
Weil ich bin, wie ich bin.
Weil ich bin, wie ich bin?

Verdammt nochmal,
Siehst du mich nicht?
Hier!
Hier bin ich!
Schau her!
Schau mich an!
Ich warte auf dich.
Mann!
Ich will auch Zärtlichkeit,
Auch geben,
Nähe erfahren,
Gemeinsamkeit
Leben.

Bin alt genug, glücklich zu sein.
Hab’s verdient.
Wie du.
Will dich entdecken.
Sieh mich
Wie ich bin,
Wie ich wirklich bin.

Ich bin!



Gesichter

Morgens in der S-Bahn
müde Gesichter
abgewandt.

Tagsüber im Büro
beschäftigte Gesichter
aufgabenbewußt.

Nachmittags in der S-Bahn
verschlossene Gesichter
heimwärtsgerichtet.

Abends zu Hause
ein kleines Gesicht, müde
und doch ein Sonnenstrahl.

Vor dem Schlafengehen
mein Gesicht im Spiegel
fragend
ob das wieder alles war.

Jeden Tag
die gleiche Zeit
die gleichen Gesichter
abgewandt
aufgabenbewußt
heimwärtsgerichtet
ein Sonnenstrahl
fragend

Ich geh durch diese Riesenstadt
ich trage Farben
ich seh euch an
ich seh euch ins Gesicht

Wann treffe ich 
das eine, das sich
mir zuwendet
offen
das zu meinem paßt?



Augen

Leuchtend blaue Augen
sehn mich an im Bus,
schauen derart fragend,
daß ich zurückschaun muß.

In diesem blonden Kopf -
die Fragen - kenn ich nicht.
Der Tag beginnt voll Hoffnung,
denn Blicke trafen sich ...



mein Sohn

Wenn ich von der Arbeit komme,
freu ich mich auf meinen Sohn.
Der hat seine ersten Ferien.
Beinah sieben ist er schon!

Geschichten wird er mir erzählen,
den ganzen Tag gespielt, gelacht -
wird mich mit tausend Fragen quälen,
hat sich wieder ausgedacht,

was er noch will,
was er schon kann 
und was ihm heut noch nicht gelang.
Und die braunen Augen leuchten ...
Er ist so pur, der kleine Mann!

Wenn er nach diesem langen Tag
sich schmiegt in meinen Arm
bin ich für ihn sein sichres Nest -
voll Vertrauen, Liebe - warm.



Mutti

Früher haben wir uns nie verstanden.
Türen knallten, Fetzen flogen,
Worte taten weh.
Beinah jeder Tag hieß Hölle.
Selten, selten nur gabs auch mal Harmonie.

Heute, Mutti, bin ich groß,
leb mein eignes Leben.
Da geht was schief, andres gelingt.
Bin nicht perfekt und wills auch gar nicht sein.

Mutter, die bin ich nun selbst.
Das Damals kann ich jetzt begreifen 
und spüre auch, es ist oftmals so schwer
zu zeigen jeden Tag, wie sehr den anderen man liebt.

Du hast mir zugeschaut beim Werden,
halfst, so du es vermocht
und hast gelernt, mein Anderssein zu akzeptieren.
Das war, so weiß ich jetzt, 
dein allergrößter Schritt

in meine Richtung, wir kommen
uns entgegen ...

Sehnsüchtig schon seit Kindertagen 
erwarte ich den Tag
an dem wir
endgültig 
uns begegnen.



Anna K.

„Nichts bleibt wie es war“,
schreibt er schlicht,
sag ich mir schon lange.
Nur, Anna K. bin ich leider nicht.

Wahr ist, 
so geht es mir immer: 
Die Männer 
in meinen Kreisen
sind
zu arm, zu reich,
zu jung oder zu alt,
zu dumm oder zu weise, 
oder gar schlimmer:
Subjektivisten,
"in guten Händen",
aus inkompatibler Sphäre
oder kurzerhand 
blind.

So sitz ich noch immer zwischen den Grenzen
der Zeit und träume,
ich fänd mal einen, der sich traut.

Jüngst sah mich einer
von jenen 
("in guten Händen"?) -
sah mich,
verstand mich,
wünschte mir Glück
und zog sich
nach Unnahbar zurück
darf nicht,
will nicht 
aus seiner Haut.

Doch, auch wenns nicht so klingt,
meine Stimmung ist heiter,
beschwingt,
mein Blick geht umher,
mein Herz wartet weiter ...



Sehnsucht

Stunden voller Leidenschaft
Stunden voller Glück
Stunden voller Trauer
Unsere Seelen fanden sich

Vergangenheit wiegt schwer
Gegenwart ist unfaßbar
Zukunft ist eine große Frage
in meinem Kopf
in deinen Augen

So fern und doch so nah
Telefone sind Brücken für Worte
Worte übersetzen Gefühle ... unvollständig
Körper ersehnen die andere Wärme

In Stunden voller Leidenschaft
in Stunden voller Glück
in Stunden voller Trauer
wenn unsere Seelen beisammen sind

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