Das ist Conny
mein heutiger Interviewgast.
1. Hallo Conny, ich kenn Dich nun schon länger. Falls ich jetzt auf die
Idee käme, Dich anzurufen, würde was passieren ?
Also da gibt es verschiedene Möglichkeiten.
Wenn du viel Glück hast, würdest du mit dem liebenswertesten Kind dieser
Welt sprechen und es würde für mich dolmetschen.
Mit nur einer kleinen Portion Glück ist unser Anrufbeantworter dran und
was diese Maschine so spricht, weiß ich gar nicht, O-Ton Philips
halt.
Und das schlechteste Szenario vermittelt wohl, dass niemand außer mir zu Hause ist,
und auch niemand abhebt, obwohl ich daneben sitze und meine Wohnung wie verrückt
leuchtet. Denn ich habe eine Lichtanlage, die mir viele akustische Sachen
in Signale umwandet, Wecker, Telefon, Fax, Türglocke, Babygeschrei,
Personenruf und was weiß ich noch alles. Das sieht abends besonders toll aus, wenn man
draußen vorbei
geht ;).
2. Du hörst also gar nichts oder doch ein bisschen was ?
Ich spüre sehr viel, z.B. wenn mein Sohn die Musik laut aufdreht, dann bebt
mein Tisch. Oder wenn die Haustür ins Schloss fällt, dann zittert der Boden
... man wird wieder sehr empfindsam.
Ich habe auf einem Ohr noch Hörreste im tiefen Frequenzbereich, zum
Beispiel ein Flugzeug oder so was. Nur weiß ich eben nicht, was das ist
und muss immer fragen. Mir fehlt nach so vielen Jahren komplett die
Verknüpfung zwischen dem Geräusch und dem Verursacher.
Und dann habe ich natürlich meinen Kater Felix, er ist das beste Hörgerät
dieser Welt ;)
3. Wie ist es, wenn Du einen Kopfhörer nimmst mit ganz lauter Musik drauf
?
Ich habe das noch nie probiert .... kenne solche Kopfhörermethoden aber
von den diversen HNO-Ärzten, zu denen ich immer mal wieder muss und wo ich
dann auf Herz und Nieren .... ähhh auf Hören und Sehen .... durchgeprüft
werde ;-). Da muss man zum Beispiel so ein Piepserl drücken, wenn man was
hört, erst auf dem einen Ohr, dann auf dem anderen, dann hinter dem Ohr
usw.
Und manche sind oft so verzweifelt, dass sie das so laut hinaufstellen und
mir der Kopf mächtig dröhnt, oft habe ich dann Kopfweh, weil alles drinnen
"wackelt".
4. Kannst Du Lippen lesen ?
Ja klar, blieb mir nichts anderes übrig, meine Eltern haben mich immer in
eine "normale" Schule geschickt, hier gab es weit und breit keine
Einrichtungen für Menschen wie mich.
Hat für mich zu Hause natürlich viel Nachlernarbeit bedeutet, weil ich im
Unterricht selbst fast nichts mitbekam. Ging aber ganz gut, bis auf
Englisch, da habe ich die Aussprache lange nicht beherrscht und schon mal
eine 3 nach Hause gebracht ;-).
5. Auch was so im Fernsehen läuft ?
Schwer, also manche Nachrichten gehen schon, zum Beispiel die ZiB im ORF.
Aber sonst bin ich sehr auf Untertitel angewiesen und die gibt es
eigentlich nur im öffentlich rechtlichen Fernsehen. Aber DVDs erschließen
für mich eine völlig neue Filmwelt, fast alle haben Untertitel! Das ist
schon Wahnsinn.
6. Du hörst nichts mehr, seit Du 7 bist ?
Ja richtig, ein Gehörsturz. Vermutlich habe ich zu viel getaucht im Bad,
dann kam Fieber und so und ein paar Tage später war alles vorbei. Mit 9
dann die Masern und da war auch der Rest futsch.
7. Du schließt eine psychische Komponente aus ?
Ja klar ;) ... ähm, was soll ich da noch schreiben?
8. Hast Du denn noch eine Vorstellung von den Tönen, die Du in den ersten
sieben Jahren Deines Lebens gehört hast ?
Das kommt oft ganz plötzlich und ich summe dann mal eine Melodie aus
meiner Kindheit,
z.B. Biene Maja ;).
An einen Vogel im Wald, ein Käuzchen, an den erinnere ich mich sehr gerne
zurück. Leider geht das nicht auf Kommando. Passt hier zwar nicht so ganz
her, muss ich aber doch erzählen.
Mein Sohn machte kürzlich im Musikunterricht die österreichische Gruppe
EAV durch, die in den 80er Jahren ziemlich bekannt waren. Damals, ich war
15 und das erste Mal so richtig verknallt, habe ich alle Hits dieser
Gruppe auswendig vom Text her gelernt. Der junge Mann damals sollte nichts
von meiner Behinderung erfahren und hat mich auf ein EAV-Konzert nach Graz
eingeladen. Mein erstes und bisher einziges Konzert! Mein Sohn hat so eine
CD und hört eben diese alten Lieder immer wieder im Auto an und mir fallen
heute, nach fast 20 Jahren, immer noch die Texte ein, die ich damals
gestrebert habe.
9. Macht das Taubsein einsam ? Zieht man sich zurück, weil man nur über
Lippenlesen kommunizieren kann ?
Das Taubsein alleine wohl eher nicht, aber ich kann da nicht für alle
sprechen, weil ich durch das Lippenlesen kaum als behindert auffalle unter
normalen Umständen.
Ein Bart, ein anderer Dialekt oä., da wird es für mich aber schon
schwierig. In der Masse bin ich oft untergegangen und habe viel länger als
andere gebraucht, um eine Position in einer Gemeinschaft zu haben. Aber
dann klappt es gut.
Natürlich passiert es mir immer mal wieder, dass ich keine Chance habe und
für dumm gehalten werde, zum Beispiel wenn ich von irgendwo ohne
Blickkontakt angesprochen werde, wenn in Arztpraxen nur über diese dummen
Lautsprecher aufgerufen wird und alle nach-mir-Gekommenen vor mir nach
Hause gingen, wenn ein Haus nur Gegensprechanlage hat und und und ...
Ein bisschen stört mich übrigens das "nur" in deiner Frage. Mach doch mal
eine Probe, stöpsl deine Ohren zu und unterhalte dich mit Beate. Oder
schalte den Ton beim Fernseher aus. Na? Aber ich weiß, dass du das nicht
so gemeint hast.
Das Lippenlesen hat ja auch seine Vorteile, ich lass mich nicht so leicht
ablenken und verstehe oft auch Sachen, die weit weg sind oder ohne Ton
gefilmt wurden. Einer meiner Ärzte im Wiener AKH beispielsweise, der
versucht mich immer wieder an meine Grenzen zu bringen und testet mich,
bis der Teufel rauskommt. Da hat sich so eine Art Spiel entwickelt
zwischen uns, verstehe ich das oder doch nicht .... ;-). Dort gibt es
eventuell eine Operation für mich, die mir zumindest bei einem Ohr helfen
könnte, die Risiken sind aber sehr hoch und die Kosten auch. Mal sehen, ob
ich das machen lasse.
10. Welche Rolle spielt das Internet für Dich ?
Oh, eine sehr große, weißt du doch *lach*. Ich bin mit PCs aufgewachsen,
mein Vater war ein Technikfreak.
Später war ich eine der ersten in Österreich, die einen privaten Anschluss
ergattert hatten und heute mache ich auch sehr viele Webseiten und fast
meine ganze Kommunikation. Das Internet hat mir sehr viel Unabhängigkeit
gebracht, ersetzt aber sicher ein Telefon nicht ganz, weil es keine
sofortige Rückmeldung gibt, zumindest im normalen Bereich.
11. Hast Du noch Dinge auf dem Herzen, die Du hier im Kalenderblatt
loswerden willst ?
Klar .... also erstmal will ich dich interviewen, dann schick doch bitte
deine Kalenderblatt-Besucher auf meinen
Kopfsalat und verhilf mir zu einem neuen Besucherrekord *fg* und ....
hm .... grüß all da draußen in der weiten wwwWelt ganz lieb von mir!
Ich würde mich riesig freuen, ein paar neue Bekanntschaften zu machen mit
behinderten oder "un"behinderten Menschen.
Danke und liebe Grüße,
Conny :))
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Ich habe zu danken, liebe Conny, für dieses Interview !!
Und das mit dem neuen Besucherrekord, das kriegen wir schon hin, gelle,
liebe Kalenderblattleser ??
Und nun alle rüber zu Conny, schauen und ins
Gästebuch schreiben (oder mailen) ... :))
interessanter und wichtiger
Tageslink:
visuelles Denken
--
Mein
Grüße gehen heute nach
Klausen in
Südtirol und an Alle, die bei Conny einen Gästebucheintrag machen ;)).
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Wunderkiste
Lichtblick
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