Home

3. September 2008


Mit dem Fahrrad nach Peking (14)

Die Seelenfarben-Reise 2008

 
6. Juni 2005

Lustig pfeifend
ein Lied auf den Lippen
fahren Hermes
und seine Mitfahrerin
den Berg hinunter
und freuen sich des Lebens.

Hermes fährt ein Stück voraus, sie kommt ein paar hundert Meter später.

Bzw ... irgendwann war keine Spur mehr von ihr zu sehen.

Wegen diesem einen Moment !
Eine Sekunde, die am 6.6.2005 ... an Hermes Geburtstag ... den Tag ...

... in die Tonne getreten hat.

Ja, leider ... ich muss diese Hoffnung in der gestrigen Kommentarfunktion ...



... leider enttäuschen, denn es hat an diesem Tag ein Geräusch gegeben.

Wie sich das genau angehört hat, weiß nur Hermes Mitfahrerin.

Vielleicht tseng oder knck oder schwmmmp oder krschtt oder trrnngrdl ... auf jeden Fall ...


.
.

... hat irgendwann ihr Hinterrad blockiert.

Schlagartig.
Guillotinenmäßig.

Gottseidank ist Hermes Mitfahrerin dabei nicht gestürzt.

Aber auch so war die Bescherung eines der Geburtstagsgeschenke, auf das man sehr sehr gerne verzichtet.

Wer will schon die Tatsache, dass gleich 4 Speichen aus der Felge gerissen sind, geschenkt haben ?

Und nun ?

Nun muß erstmal Hermes ein ganzes Stück wieder den Berg, der er eben noch so gut gelaunt runter gerollt ist, wieder hinauf fahren ... um sich dann die Bescherung anzusehen.

Passiert ist das natürlich nicht in einer Stadt, die zwei Ecken weiter ein Fahrradgeschäft hat.
Passiert ist das mitten in der "Pampa", wie man bei uns umgangssprachlich sagt.

Was nun ?
Was tun ?

Das Hinterrad abmontieren und das tun, was in Russland alle tun ... trampen.
Bald kam auch ein Mann, der Hermes in die nächste Stadt, nach Suksun, mitnahm.

Nur ... Suksun hat kein Fahrradgeschäft.

Was nun ?
Was tun ?

Dorthin fahren, wo ein Fahrradgeschäft ist.
Der Mann bietet Hermes an, für 3000 Rubel (ca. 100 Euro) nach Perm zu fahren. Hin und zurück sind das immerhin 320 Kilometer. Gesagt, getan ... kurz zurück zu Hermes Begleiterin, Bescheid sagen und dann nach Perm.

Abenteuerreise ... wenn Russen fahren, dann ist das nicht ungefährlich. Zumindest fühlt es sich so an. Aber Hermes kommt in Perm an ... und klappert nun die Geschäfte ab.

Geschäft 1 - Njet
.
.
Geschäft 2 - Nix
.
.
Geschäft 3 - Pech
.
.
Geschäft 4 - Fehlanzeige
.
.
Geschäft 5 - Tut uns leid


Keines der Geschäfte hatte Felgen.
Ein Königreich für eine Felge.
Herr, schick Felgen vom Himmel.
Wo ist Camillo Felgen ?

Geschäft 6 ... dort wurden Räder zusammengebaut ... aber Felgen waren auch hier Fehlanzeige.

Aaaaber ... man guckt sich die Felge an ...


... und bohrt kurzerhand neue Löcher neben die Ausrisse, speicht neu ein und zentriert das Rad.

Rückfahrt.
Dankseufzer.

Alexeij heißt der Fahrer ... und erzählt auf der Rückfahrt, dass er pro Jahr bei den russischen Straßenverhältnissen 2 Sätze Reifen und einen Satz Stoßdämpfer benötigt.

6 Stunden hat das alles gedauert und nun ist Hermes wieder bei seiner Mitfahrerin, die am Strraßenrad gewartet hatte.

Das Rad wird eingebaut, Alexeij holt noch Dichtungsmasse für die alten Speichenlöcher, damit kein Sand und keine Steinchen (und kein weicher Asphalt) da eindringen können.

Fahrtest.

Das Rad ...


... fährt wie neu ... hey !!


Jetzt aber erst mal etwas essen und dann einen Platz zum Zelten suchen.
Gefahrene Kilometer an diesem Tag: 13 ... passt.


7. Juni 2005

Das Rad fährt wieder ... der Regen regnet wieder.
Er regnet so stark wie das Rad gut fährt ... als sehr stark.
Und der Sturm weht genauso stark.

Also erstmal ... abwarten.

Um 15 Uhr ... hört der Sturm auf ... der Regen nicht.
Zelttag ...


8. Juni 2005

Ha noi ... Ha nau ... ein Gespräch am Morgen in der Heimatsprache, denn wir treffen Leute aus Hanau.

Was wir nie trafen, waren Radiosender ... unser Weltempfänger empfängt nicht die Welt, zumindest kriegen wir keinen deutschsprachigen Sender rein. Und so erfahren wir in diesem Gespräch ganz überraschend, dass es in Deutschland im September Neuwahlen geben wird.

Die Straße wird dann wieder schlechter ... aber das reparierte Rad läuft wider Erwarten gut.

Die Zelte waren nass.
Die Zelte wurden nass eingepackt.
Die Zelte werden nun wieder nass ausgepackt.
Die Zelte werden nun wieder nass aufgebaut.
Es regnet.
Gute Nacht.


9. Juni 2005

Der Schlaf hat den Regen vertrieben ... die Nacht war ruhig.
Das Aufwachen hat den Regen wieder angelockt.

Die Straße ... die lässt uns um Worte ringen.

Denn wir haben doch schon die Bezeichnungen "schlecht, beschissen, unterirdisch, schlaglöchrig, furchtbar" verbraucht ... und nun werden die Straßen noch schlechter. Wie können wir das nun nennen ?

Ich glaub, jetzt hilft nur noch, auf schwäbisch zu fluchen:

Allmachdsjenseidsgoddesdobbelwegga
Dondr Labbich nô amôl
Fix halleluja leck me am Arsch Scheissglomb verreckds
Gott verdammich Haidabimbam Saggzemeentabbrau
Hemmelarschondwolgabruch Schwäbischer Fluch

Es gibt noch mehr Flüche ... aber die heben wir uns auf, man weiß ja nie, ob man noch eine Steigerung braucht.

Auf jeden Fall fahren wir nun auf Straßen, die in Deutschland gesperrt würden.
Und wir fahren wieder mal gegen den Wind.
Und wir fahren wieder mal Berge hinauf.

Zôm Donnderweddr abber au

Kleiner Ausgleich am Abend: wir
übernachten mal wieder in einem russischen Motel (Gostiniza).
Sogar mit Banja ... ein Genuss.
Was das ist ? Heiß und feucht ... Sauna eben.


10. Juni 2005

Über Nacht sind unsere Klamotten nicht richtig trocken geworden ... also rein in den feuchten Stoff.
Und dann rein in den Regen ... den ganzen Tag lang.
Keine trockene Minute.

Und dazu:

schlechte Straße
viel Wasser auf der Straße
schlechte Sicht
teilweise rücksichtslose Autofahrer
meist rücksichtsvolle LKW-Fahrer, die dennoch immer wieder abduschen

Unter nassen Fichten bauen wir unser nasses Zelt auf und legen uns in die klammen Schlafsäcke.


So an Sausoich
Jawannôdeesganzeglômbdrdeifelhola


11. Juni 2005

Über Nacht hört der Regen auf ... am Morgen fängt er wieder an.
In Strömen goß es ... erst gegen Mittag gabs dann die ersten Sonnenstrahlen.

Wir sind immer noch in Europa.
Aber nimma lang !!
Noch 5 Kilometer, dann sind wir in Asien :)).

Aber wissen wir, wie dort das Wetter ist ... hier in Europa scheint gerade die Sonne.
Also packen wir unser Zelt aus und lassen es erstmal in der Sonne trocknen.

Dann fahren wir weiter bis zur eurasischen Grenze ... und treffen ein Brautpaar mit Gefolge. Das gibt natürlich ein "hallo", als die uns sehen ... und danach "hallo Wodka". Wir dürfen nun alles, nur nicht njet sagen. Aber nur einen kleinen Schluck. Wir sagen auch nicht nein, als sich die Braut auf das Rad von Hermes Mitfahrerin setzt und sich fotografieren lässt.

Weiter ... fahrn fahrn fahrn ... auf der Autobahn.
Guter Straßenzustand und ebener Streckenverlauf dazu.
Wir sind gut gelaunt, wir haben Asien erreicht und den Ural hinter uns gelassen.

Wir sind nun in ...


....
Sibirien.


Da zuckt man erst mal zusammen ... Schnee, Gefangenenlager, Strafkolonie ... aber, hey, wir schreiben das Jahr 2005 und es ist Frühling, fast Sommer. Das wird bestimmt alles gut gehen *dennoch Stoßgebet zum Himmel schick*.

Vor uns eine ganz große Hoffnung ... die Stadt Jekaterinburg.
Unser nächstes großes Ziel ... gleich sind wir dort.

Wir finden ein gutes Hotel und werden hier zwei Nächte bleiben.

Auf unserem geistigen Notiz-Zettel steht:

- neue Felge finden (auch wenn die reparierte ganz gut läuft).
- neue Bremsklötze finden (denn die alten am Vorderrad bei Hermes Mitfahrerin sind völlig abgenutzt).
- neuen Fotoapparat kaufen.

--

Heute gibts mal wieder Fragen und da werden auch Eure Fragen mit einfließen.

Meine Fragen

1. Wie sauer oder traurig warst du, als der Fotoapparat kaputt ging ?

2. Woher habt Ihr gewusst, wo in Perm die Fahrradgeschäfte sind (oder waren das nicht alles Fahrradgeschäfte ?). Warum hatten die keine Felgen ? Erzähl doch mal über die Fahrerei ... fünf Mal quer durch die Stadt oder so ...

Seelenfärblerfragen

3. Wie viele Kilometer seid ihr den im Schnitt pro Tag geradelt?

4. Habt ihr manchmal kleinere Straßen in Kauf genommen damit die Reise angenehmer ist, obwohl ihr dafür länger brauchtet? Ich meine, das schnellste Weiterkommen wäre ja auf Autobahnen oder Schnellstraßen gewesen?

5. Hat die Empfehlung jenes Russen, wie man besser über den Ural kommt, euch veranlasst, nach Tschaikowsky zu radeln, wo doch der kürzere Weg nach Perm nördlicher verlaufen wäre?

6. Mir ist aufgefallen, eure Fotos von Straßen sind immer auf der linken Straßenseite geknipst. Ist das, weil man dort sicherer steht, oder hattet ihr zurück geknipst?


Wenn Ihr, liebe Kalenderblattleser, Fragen habt, die noch nicht gestellt worden sind bzw. sich erst während des Lesens ergeben, dann nur her damit und in die Kommentarfunktion schreiben.

Und nun: ab unter die Dusche, rein ins Bett ... endlich mal wieder in einer Stadt, in Jekaterinburg.
 

 



zurück zur Kalenderblatt-Hauptseite

Kalenderblatt-Archiv