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16. Oktober 2008


Mit dem Fahrrad nach Peking (18)

Die Seelenfarben-Reise 2008



Omm
Ommm
Ommmm

Omsk

Das "sk" nimmt dann doch die ganze Entspannung aus dem Wort ;)). Aber so ist das bei Weltreisen mit dem Fahrrad ... Erdenzeit 2005 ... Nochfrühling ... auf dem Kalender steht:

20. Juni 2005

Ein wunderschöner Tag, um nach einem Stadtaufenthalt neu loszufahren. Ein Aufenthalt, der zwischen die Moskitos und Baustellen ein, zwei Tage der Erholung geschoben hat.

Vor uns liegt ein Ziel, dessen Wort uns teilweise hoffen lässt: Omsk.

Aber noch sind wir in der Stadt ... es ist Montag Morgen und auch in Russland ist das Leben nicht kostenlos, also suchen wir eine Bank. Oder besser: wir fragen nach einer Bank ... ist ja alles komisch geschrieben hier. Wir fragen eine Frau und die ist sofort bereit, uns zu einer Bank zu führen. Ihre Boutique gibt sie derweil in die Obhut ihrer Angestellten. Wie schön ... also tigern wir los.

Bank 1: tauscht keine Schecks

Bank 2: tauscht keine Schecks

Bank 3: ist nur eine Filiale, man schickt uns weiter zum Hauptgebäude

Bank 4: hier können wir endlich Geld umtauschen ... dieser nette Umtausch kostet uns genau 45 Minuten. Herrje, was könnten wir in dieser Zeit schon geradelt sein ... aber nette Frau, die uns zur Bank geführt hat, wartet geduldig die ganze Zeit, bis Hermes endlich sein Geld hat. Das hat sie dann aber nicht umsonst getan, denn wir schenken ihr einen Blumenstrauß.

Endlich ... endlich gehts jetzt aber los. Mit Rubeln los. Rubellos also. Obs in Russland Rubbellose gibt ? Jaja ... treten wir mal zur Abwechslung in die Pedale. Wir treten so lange, bis wir uns in ein Café setzen wollen. Das führt natürlich wie fast immer zu einem enormen Tohu und Wabohu, weil sich alle für uns und die Räder interessieren. Am Ende gibts dann oft Geschenke ... diesmal sind es 3 Knollen Knoblauch vom Wirt, damit wir auch ja gesund bleiben. Vielleicht hilfts ja auch gegen die Moskitos ... einmal anhauchen und dann "bsssssiiooummmnnn" ... ein frommer Wunsch, den wir ja mal träumen dürfen.

Ab sofort beißen wir uns jeden Tag in die Zehe ... ersatzweise in die Knoblauchzehe.

Die Fahrt: Beschissen wie oft - Regen und Gegenwind.

Der Zeltplatz: Beschissen wie zuletzt - keinen gefunden. Also weiter fahren bis zu einer kleinen Stadt und dort im Gasthaus übernachten.


21. Juni 2005

Endlich Sonne ... und Sommer ... ja, heute ist Sommeranfang.

Das feiern nicht nur wir, sondern auch die ... genau ... Moskitos. Wir fahren durch sumpfiges Gelände und

Schwärme von Moskitos und großen Bremsen

begleiten uns. Wer von Moskitoschwärmen schwärmt und für Bremsen bremst ... jaja, ich hör schon auf. Wenn denn wenigstens die Landschaft interessant wäre ... aber nein, die ist "nicht sehr abwechslungsreich" wie Hermes, was übersetzt "langweilig" heißt.

Da müssen wir durch ?

Ja, im wahrsten Sinne des Wortes ... fahren, fahren, fahren ... ohne anzuhalten, ohne Pause, denn sonst würde wir aufgefressen von den Viechern.

Die Polizei kommt ... mit Blaulicht ... will sie so die Moskitos vertreiben ? Nein, sie Begleitschutz für Schulbusse und wir fragen uns, was das soll. Nun, in Sibirien ist das immer so, Kinderschutz ist hier ein ganz großes Thema ... ob es hier denn besonders viele böse Buben gibt ?

Und nun, verehrte Damen und Herren, bauen wir unser Zelt auf.
Dazu ziehen wir, mitten in der Sonne, unsere Regenkleidung an.
Auf den Kopf kommen liebevolle Schutzhüte und wenn wir, weil wir im eigenen Saft schwimmen, etwas trinken wollen oder müssen, dann sieht das so aus:



Willkommen in Sibirien Moskitanien.

Auch mal mit dem Rad nach China fahren ?
Oder zumindest eine kleine Radtour durch Sibirien im Sommer ?

Wie ... nein ??
Warum denn nicht ... ?? *fg*

In dieser Nacht überlegen wir uns zwei- bis dreimal, ob es wirklich notwendig ist, das Zelt zu verlassen.


22. Juni 2005

Noch mal bitte oben auf das Bild gucken ... denn so sehen wir auch am Morgen aus, wenn wir das Zelt einpacken ... dann nix wie auf die Räder und schnell weg. Fluchartig. Schöner Verschreiber ... der aber auch passt ...

Während der Fahrt auch diese Moskitonetze tragen ? Vergiss es ... erstens schwitzt man wie die Sau und dann sieht man auch viel zu wenig durch dieses Netz mit Falten ... also weiterhin im Bedarfsfall mit der Hand wedeln.

Doch nach ein paar Kilometern ... gibt es keine Moskitos mehr. Wie schön ! Wie schön ? Nun ... das eine bedingt das andere ... keine Moskitos plagen uns, weil es windig ist ... leider Gegenwind. Mückenlos anstrengend geht es also weiter.

Durch diesen Wind haben wir einen Stundenschnitt von nur 13-14 km, doch 6 Stunden fahren ergeben auch 78 Kilometer Fahrstrecke an diesem Tag. Mit unseren treuen Rädern:



"Milizia hilft" ist das Stichwort am Abend, denn uns wird bei der Zimmersuche geholfen ... und dafür gesorgt, das wir in einer Gastinizia, die eigentlich wegen Renovierung geschlossen ist, dennoch übernachten dürfen. Egal, wie es dort aussieht, alles ist besser als eine Mückenwiese.


23. Juni 2005

Auch mal fliegen ? Dann heute einfach mit uns mitfahren ... denn der Wind hat gedreht und fliegen förmlich über die Straße. Auch mal schön ... richtig schön ... durch eine inzwischen sanft hügelige Landschaft.

Weniger sanft hügelig, war das nach 60 Kilometer bei Hermes' Rad eine Hinterradspeiche brach und das auf der Zahnkranzseite. Eine dreiviertel Stunde Arbeit bedeutet das und dann war das Problem erledigt. Und das Werkzeug kaputt, denn der Zahnkranzabzieher hat das alles nicht überlegt, er brach.

Wir fotografieren ein paar Blümchen ...



... und kommen nach Ischin, treffen zwei Fahrradfahrer und beantworten altbekannte Fragen ;)). Spontan bekommen wir den Weg zur Post gezeigt, in dem sie vor uns herfuhren und danach lotst man uns zu einem Gasthaus.


24. Juni 2005

Wummm ... Drommmm ... Mmmmlll ... Broggdgglzackbrommbum ... so ähnlich hört sich die Nacht an. Ein heftiges Gewitter entsteht und am Morgen gießt es aus Strömen. Wir bepacken dennoch die Räder ... da sieht Hermes einen Friseur und entscheidet spontan, das er ein Teil von sich in Sibirien zurücklassen will ;)).



3 Euro kostet die Frisur ... da guckt bei uns der Friseur die Haare noch nicht mal an.

Wir ziehen unsere lieben Regenklamotten wieder an ... diesmal nicht zum Zeltaufbau, sondern weil es immer noch regnet.

Brems ... ein Mercedes hält an ... mit Berliner Nummernschild. Ein Mongole auf der Heimreise nach Ulan Bator ... ein sehr gut deutsch sprechender Mongole. Was es nicht alles gibt ... und in die Mongolei wollen wir ja. Leider klappt das zeitmäßig nicht, dass wir uns mit ihm in der Hauptstadt seines Landes treffen ... wenn wir dort sind, ist er schon wieder in Deutschland.

Er schenkt uns zwei Energiegetränke und freut sich sichtlich, dass wir in seine Heimat fahren wollen.

Windig wird es ... immer mehr ... starker Wind mit Böen, besonders bei den offenen Flächen ... der Wind ist so stark, dass Hermes Mitfahrerin ihr Rad nicht mehr halten konnte und sicherheitshalber abstieg und schiebt. Zumal die Packtaschen der Räder eine richtig schöne Angriffsfläche für den Wind sind. Und dann die LKWs ... wenn die an einem vorbeifahren, gibt das Wirbel, die kaum zu berechnen sind ... das gibt Angst. Und Schieben. Und wenn wir fahren, ist das ein echter Kampf und harte Arbeit. Nix Erholung. Nix Urlaub.

Die wärmende Szene des Tages: ein LKW hält an, die Fahrer springen heraus und wollen uns nur die Hände schütteln und uns viel Glück wünschen ... sie hatten uns schon in Jekatharinburg gesehen und mittlerweile gehört, dass wir nach China wollen. Herzergreifend.

Nach 71 gefahrenen Kilometern finden wir eine gute und preiswerte Gastiniza in Abatskoje.

Für uns gibts Betten, für unsere Räder einen Platz im nicht asphaltierten Hof einer LKW-Werkstatt. Ein einziger Schlammsee durch den Regen ... wie wir und unser Gepäck. Oder was glaubt ihr, wie ein Fahrradfahrer aussieht, der bei Regen und Wind von einem LKW überholt wird ? Gesprenkelt ... gekennzeichnet ... windpockig sandfarben.


25. Juni 2005

Es regnet immer noch ... Schlamm überall ... ein LKW steckt auf einem Parkplatz hoffnungslos fest. Während wir fahren ... so gesehen kommt man mit den Rädern manchmal weiter als mit einem LKW *fg*.

Langsam lässt der Regen nach ... ein leichter Rückenwind bleibt. Und ein Schild kommt. Ein Schild, das sinngemäß bedeutet, dass wir die Räder bestimmt gleich eine Treppe hochtragen dürfen ;)).



Waren dann aber noch "nur" 12 %. Aber vielleicht wurden zu dieser Prozentzahl die Schlaglöcher dazu gezählt, denn die Straße wird nun schlecht, schlechter, noch schlechter. Nach insgesamt 94 Kilometer erreichen wir Krutinka und suchen die Gastiniza, die es hier geben soll. Und die auch wegen Renovierung geschlossen ist ... und auch nicht wegen uns geöffnet wird.

Wir fragen dein Freund und Helfer, die Milizia ... und sie hilft uns wirklich. Unter Polizeischutz werden wir zur Feuerwehr gebracht, bekommen eine Wohnung im Feuerwehrgebäude und haben nun eine Küche, ein Ess/Wohnzimmer, zwei Schlafzimmer und eine Toilette mit Waschbecken. Es ist der Wahnsinn.

Derweil übernachten unsere Fahrräder bei den Löschzügen und wir dürfen mal wieder deutsch reden, denn der Kommandant der Feuerwehr kann unsere Heimatsprache sehr gut. Wird ein richtig netter Abend.


26. Juni 2005

Man hat den Wunsch, Hermes Mitfahrerin ein Geschenk zu machen.
Was schenkt man einer Weltreisenden, die mit dem Fahrrad unterwegs ist ?

Ja, genau, einen Blumenstrauß ... *kicher*.



Da steht sie nun und überlegt, wie sie die Vase am Fahrrad befestigen kann ... oder besser, viel besser ... sie legt den Strauss am Grab des unbekannten Soldaten nieder.

Trocken, die Luft
Sonnig, der Tag
Holprig, die Straße

So vergeht der Tag ... und wir sehen gleich 5 verunglückte 40-Tonner ... die letzte Nacht muss sehr stürmisch gewesen sein.

Der Tag an sich war nett und der Abend wird noch netter. Ein schöner Zeltplatz unter Birken mit nur wenigen Moskitos ... das haben wir uns redlich verdient.

Gute Nacht John Boy.



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