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20. Juli 2012


Das, was Bestand hat ... was wertvoll ist ... was stehen bleiben soll,
was man bookmarken und immer wieder anklicken kann, das soll ins Kalenderblatt.

Gestern gabs im Lichtblick so ein Thema,
dass ich hätte besser zum Kalenderblatt werden lassen.

Aber ich wusste nicht ... das hinter diesen beiden Worten so viele Emotionen zu finden sind.

Sei artig ...

... waren diese beiden Worte.

Ich war überrascht ... fast erschüttert, als ich las, welch jahrelange Wirkung diese Worte
für manche von Euch hatten ... das Echo der Worte verfolgt das ganze Leben,
weil viel erstmal lernen müssen, "nicht mehr" artig zu sein.

Oder brav oder anständig oder nett ... alles Worte fürs Artigsein.

"Hört sich wie eine Drohung an" ... "hinterließ bei mir ein Trauma" ... "diese Worte haben Todesängste ausgelöst"
welche Art von Erziehung war das ? Sicher keine, die das jetzt bös gemeint hat, aber eine,
die nicht im Sinn hat, einen selbstbewusst seinen Weg gehenden Menschen werden zu lassen.
Sondern brave, funktionierende Menschen ... wie das früher oft so war ... mehr als heute gegeben hat.

Schlimmer als die Worte "sei artig" waren die Taten ... ich zitiere aus den Kommentaren:

"wehe, ich war nicht artig ... Prügel gabs mit dem Stock, damit die schlagenden Hände nicht schmerzen"
"wir mussten mit verschränkten Armen und Zeigefinger auf den Mund gedrückt am Tisch sitzen"
"... gab es von meiner Mutter Prügel mit dem Kochlöffel. Einen hat sie auf mir kaputtgedroschen ..."

Und dann brauchen die geschlagenen Kinder viele Jahre, viele Gespräche
und oft professionelle Hilfe, um ihren Weg im Leben zu finden.
Wer immer artig sein musste, wie soll er mutig und selbstbewusst werden ?

Ich möchte dieses Thema hier im Kalenderblatt wissen
und hab deswegen auch die Lichtblickkommentare hier reinkopiert.

Ihr müsst ja heute nicht gerade die Bude auf den Kopf stellen,
aber artig müsst Ihr hier im Kalenderblatt nicht sein.

Ich kenne auch solche Sprüche wie "gib her, wenn ich sehe, wie du dich anstellst" oder
"das darf man nicht" oder "du wirst dich umschauen, wenn ich nicht mehr da bin" ... alles Worte,
die nicht gerade dazu beitragen, dass man sicherer und selbstbewusster wird.

Aber es gab eine Zeit, da wollte man gar keine selbstbewussten Kinder.
Sondern Kinder, die hören und die artig sind.
Weil ja die Eltern immer besser wussten, was richtig ist.
Besser: es glauben zu wissen.

Ein Kind muss jetzt deswegen nicht das Gegenteil von artig sein,
es muss nicht frech und böse und beratungsresistent sein,
aber ein gesunder Mittelweg wär schon nicht schlecht.



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