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10. März 2017


Gedankenreise

Es war an dem Tag der großen grünen Hecke ...



... ein schöner, sonniger Tag und deswegen war es ja eine Freude, spazieren zu gehen.

Der Geist war sehr willig (der hätte Marathon gelaufen), aber meine Lende
zwickt manchmal wegen Übergewicht und dann wünsche ich mir, mich mal kurz hinzusetzen,
um das Kreuz zu entlasten.

Nun sind Bänke rar gesät bis nicht vorhanden in unseren Wohngebieten,
da nehme ich dann schon mal ein Mäuerchen.
Könnte auch die Bank von einem Spielplatz sein.
Eben die nächste, die da ist.

Die stand in diesem Fall hinter einer Mauer ... der Friedhofsmauer.

Ich muss jetzt nicht über jeden Friedhof laufen, den ich sehe,
ich habe aber auch keine Berührungsängste.
Ist halt ein Versammlungsraum ... der Toten.
Wobei man streiten kann, ob diese Geister überhaupt da sind.
Da das keiner weiß, darf man auch ruhig dran glauben.

Ich sitze also auf der Bank ... und stelle fest, dass der Friedhof neben dem Kindergarten liegt.
Ja, mit dem Kinderwagen fängts an, mit dem Einkaufswagen gehts weiter, mit dem Gehwägelchen hörts auf.

Ist doch richtig schön, wenn die Toten ab und zu fröhlichen Kinderlärm hören.
Dann wird in den Gräbern auch mal gelächelt.

Ich sitze also dort kurz auf der Bank ... 5-10 Minuten reichen.

Während ich so dort sitze, fällt mein Blick auf die Urnengräber.



Ich frage mich "ob dort wohl jemand liegt, der älter als 100 Jahre wurde" ?

Ich gehe nachschauen ... die älteste "Bewohnerin" dieser Mietwohnungen auf Zeit ...



... ist eine Maria, die mit fast 99 Jahren starb.

Wir (Beate ist dabei) laufen ein wenig über den Friedhof ... und ich suche weiter nach
über 100jährigen ... aber ich finde keine ... die älteste Verstorbene ist eine Lina ...



... die 99 Jahre und 8 1/2 Monate alt wurde.

Besonders berührt hat mich dieses Grab ...



... zum einen, weil nicht nur Namen zu lesen waren,
sondern die Namen durch die Bilder zu Menschen werden.

Und dann ... sie 91 Jahre alt ... er ebenfalls.
Wenn die beiden mit 21 Jahren geheiratet haben,
dann hätten sie die Gnadenhochzeit feiern können.

Leider weiß man nicht mehr als die Namen und Geburts- und Todesdaten,
wenn man an den Gräbern eines Friedhofs vorbei läuft.

Auch das ...



... ist ein besonderer Grabstein.

Denn so sieht die Rückseite des Grabsteins aus ...



... man hat hier den Grabstein der Eltern noch mal verwendet,
und den Kindern aufs Grab gesetzt.
Das kann eine Sparmaßnahme sein, aber da glaube ich nicht daran ... ich denke vielmehr,
dass das eine ganz besondere Geste der Verbundenheit ist.

Aber auch hier ... man weiß nichts ... man liest nur Namen.

5 Tage später auf einem anderen Friedhof ...



... bin ich doch überrascht, dass es dieses Wort auch als Nachnamen gibt.

Beate und ich hatten noch kurz zuvor über das Wort diskutiert
und sie hat gesagt "dass sie dieses Wort nie mögen wird",
während ich meinte "dass das früher eine anderen Bedeutung hatte
und heute normaler Sprachgebrauch im anderen Sinne ist".

Aber was ist, wenn man mit dem Namen "geil" geboren wird.

Ruft jemand an und man meldet sich mit "geil".
Ich glaube, in dem Fall sollte der Besitzer des Namens lernen, das Wort zu lieben.
Und für seine Frau sollte die Liebe groß genug sein, dass sie ihren Nachnamen dafür aufgibt.

Auf diesem Friedhof habe ich dann auch meine Hundertjährige gefunden ...



... eine Charlotte, die 103 Jahre und 5 Monate alt werden durfte.

Wie es ihr dabei erging ... keine Ahnung ... ist nur Friedhof.
Sind für fremde Besucher leider nur Namen und Zahlen.

Und dennoch gibt es immer wieder Details,
die die Gedanken in ganz verschiedene Richtungen lenken können.
Lebendige Gedankenreise zwischen all den Erinnerungen.
 



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