Heute ist wieder ein Flusstag. Faulenzen, essen, viel Landschaft. Und herrlichster Sonnenschein. Es liegt eine sehr lange Flussstrecke vor uns, 710 km bis zum nächsten Halt morgen früh. Und gegen den Strom hat unser Schifferl ein bissl mehr zu tun. Doch zuerst dürfen wir ausschlafen. Der Wecker erklingt heute erst um 7.30 Uhr, und ab 8 Uhr gibt es Frühstück.



Im Laufe des Tages dürfen wir ja alle an einer Kommandobrückenführung teilnehmen, da bin ich schon sehr neugierig drauf.

Auch können wir ein Video unserer Reise kaufen, das uns später nach Hause geschickt wird. Zum Testen gibt es im TV auf dem Kanal des Bordprogramms Einblicke aus früheren Reisen. Wir entscheiden uns gegen den Kauf, denn Reiseeindrücke hab ich lieber persönliche, wenn auch weit weniger professionell, aber doch mit Bezug.

Vormittags ist dann noch die Vorstellung der Landausflüge für die zweite Hälfte der Reise. Dabei wird genau erklärt, was es zu sehen geben wird, welche körperlichen Anforderungen nötig sind. Wir haben jetzt den ganzen Tag Zeit, uns zu entscheiden. Und zu bezahlen.

Wir kommen kaum zum verschnaufen, denn kaum haben wir unsere Stammplätze eingenommen, kommt eine neue Durchsage von der Reiseleitung. Auf den Sandbänken, an denen wir vorbeikommen, sind Pelikane, (und auch Reiher, Gänse, Kormorane).



Die Vögel sind schlau. Haben das Donaudelta verlassen und sich stromaufwärts begeben, um dort Fische zu finden und vermutlich im unbewohnten Uferbereich auch zu nisten und zu brüten.



Endlich endlich sehen wir diese großen, fremden Wasservögel, auf die wir uns so gefreut haben, in ihrer beinahe natürlichen Umgebung. Lautes schnattern, oder soll man sagen quaken, begleitet uns ein ganzes Stück , sobald wieder Sandbänke im Wasser auftauchen.



Sogar einen kurzen Fotostopp legt unser Kapitän ein, damit wir ein wenig von den Geräuschen genießen können. Glücklich können wir jetzt zum Mittagessen gehen.



Nach dem Mittagessen gibt es eine kleine Einführung zur Kommandobrückenführung. Es gibt Informationen über Navigation, Meteorologie und ein bisschen Maschinenkunde. Anschließend werden, im Laufe des Nachmittages, unsere Gruppennummern aufgerufen und wir dürfen uns auf der Kommandobrücke einfinden.

Logisch, man hat im Vorbeigehen immer mal einen Blick reingeworfen, aber keine Ahnung, welche Bedeutung die ganzen Hebel, Schalter und Anzeigen haben. Es ist eng da drin. Mit dem Kapitän und einem Offizier, der alles erklärt, stehen 8 Personen auf kleinstem Raum. Und es ist heiß, weil bei offener Tür die Klimaanlage stillsteht.



Wir erfahren, dass das Bugstrahlruder dazu da ist, das Schiff, zum Beispiel bei An- und Ablegemanövern, quer zu steuern. Das Wasser wird auf der einen Seite eingesaugt und auf die andere Seite gepumpt.
Wir beobachten die aktuelle Geschwindigkeit und den Verbrauch ... nein, das will keiner wissen.

Die beiden Radare für die Flussufer, für entgegenkommende Schiffe, Brücken und Schleusen können wir sogar selbst erkennen. Dafür hat der Kapitän zu seinen Füßen etwas, was uns auf den ersten Blick rätselhaft erscheint. Und doch war es in den letzten Stunden das wichtigste Navigationsinstrumen: Das Echolot, das den Abstand zwischen Kiel und Flussgrund misst.

Auf den meisten Strecken fährt unser Schiff mit Autopilot, den einer der beiden Offiziere oder der Kapitän beobachten. Nur bei Manövern wie Schleusungen, an- und ablegen ist nach wie vor Handarbeit gefragt.

Bei hohem Wasserstand kann die Kommandobrücke wie ein Fahrstuhl abgesenkt werden, dafür wird das Schiff dann über die Nock, das ist eine kleine manuelle Schalttafel an beiden Seiten des Schiffes, bedient werden. Bei etwas engeren Manövern wie in Budapest durften wir das schon beobachten. Ausserdem werden die beiden Masten, die Sonnenschirme, die Reling und die Antenne flach gelegt. Das Sonnendeck ist dann natürlich nicht mehr zugänglich.

Am vorderen Mast ist die Flagge des Landes gehisst, durch das wir jetzt fahren und die Flagge des Charters, in unserem Fall Phoenix. Am hinteren Mast ist immer die Flagge der Nationalität des Schiffes, das ist bei der Rousse Prestige die Bulgarische.

Noch ein bisschen Daten gefällig: Die Rousse Prestige hat zwei 8-Zylinder-Hauptmotoren der Firma Caterpillar mit je 1060 PS und 1600 U/Min. Jeder Motor hat zwei Propeller, der erste mit fünf Blätter und 1,4m Durchmesser, der zweite mit vier Blättern und 1,2m Durchmesser. Sie arbeiten mit Gegenrotation, selbstverständlich unter Wasser und um 360° bewegbar. Wir können 85 Tonnen Diesel tanken bei einem Verbrauch von etwa 300 Liter in der Stunde. Für die Strecke Passau-Budapest-Passau braucht man etwa 20 Tonnen Diesel. 260 Tonnen Trinkwasser reichen für etwa 7 Tage.

Die größte Gefahr ist Feuer. In jeder Kabine und in den öffentlich Bereichen gibt es gut sichtbare Feuermelder. Wenn die Temperatur über 72 Grad steigt, oder zu viel Rauch entsteht, ertönt ein Warnsignal. Auf einer Warntafel wird angezeigt, wo das Signal ausgelöst wurde. Der Hinweis "Bitte überprüfen sie das System nicht, es funktioniert", was unnötig ist, denn beinahe täglich wird der Alarm im Raucherbereiche ausgelöst. Keine geschickte Platzierung.

Abends gibt es zur Halbzeit der Reise einen Galaabend im Restaurant. Dabei wird ein Bekleidungsvorschlag von leichter Eleganz vorgeschlagen. Für die Herren Stoffhose und Krawatte, für die Damen entsprechend.



Die Speisekarte klang heute morgen schon sehr vielversprechend, und so freuen wir uns auf einen schönen Abend mit netten Gesprächen.

Wir beschließen den Abend mal wieder in der Bar. Es findet zwar ein „unterhaltsamer Abend mit Sketcheinlage“ statt, aber das hat für uns den Vorteil, dass an der Bar die Plätze frei sind. Später, als unser Alleinunterhalter für das tanzwütige Publikum spielt, das es tatsächlich gibt, werden Plätze auf den bequemen Sofas frei und wir sitzen mal wieder bis Ende….

Noch eine kleine Andekdote zum Tagesabschluss: Es gibt einen Tisch für alleinreisende Damen und Herren. Und an diesem Tisch ist jeden Abend das größte Hallo, wer neben wem sitzt. Und wer später mit wem tanzt. Das ist so nett zu beobachten, wie sich Herrschaften jenseits der 70 noch wie Teenager benehmen können. Denn natürlich gibt es dann auch mal beleidigte Gesichter. Aber im Grunde verstehen sie sich alle gut.