Defne aus der Türkei erzählt uns von ihrem Land:


4. Juli

Müll und Gerümpel


Heute will ich mal etwas nicht so sehr Erfreuliches ansprechen.
Wie in den meisten südlicheren Ländern wird auch in der Türkei
das Thema Müll etwas lässiger gehandhabt, als wir es
aus den deutschsprachigen Ländern gewohnt sind.

Für jemanden wie mich, dem das Recycling in Fleisch und Blut übergegangen ist,
war das Thema durchaus gewöhnungsbedürftig.

Müll kann ja durchaus optisch reizvoll sein
wie diese Komposition aus Gartenabfällen und Ziegenhaar zeigt:



Aber eigentlich gehört der Müll in die dafür vorgesehene Tonne.



Hier haben wir die Primitivversion der Mülltonne,
wahrscheinlich ehemals ein Ölfass, aufgeschnitten und daher ohne Deckel.

Dafür hat diese Tonne einen wunderbaren Blick
vom Berghang in Alanya runter auf die Stadt und das Meer.
Aufgenommen habe ich das Bild bei meinem Besuch im März diesen Jahres.

Die einfachen Tonnen werden nach und nach von besseren Tonnen abgelöst,
die viereckigen, verschliessbaren Tonnen.



Der Deckel steht allerdings leider immer offen.
Eine Zeit lang habe ich bei unserer nächstgelegenen Tonne,
nachdem ich meinen Müll reingeworfen habe, immer den Deckel zugemacht.

Am nächsten Tag war dann der offenstehende Deckel mit einem Draht gesichert,
damit man den Deckel nicht schliessen kann.

Dieses Hinderniss habe ich ettliche Male entfernt,
bis ich dann draufgekommen bin, dass es die Müllmänner selbst waren,
die diese Sperre eingefügt haben.

Die Müllmänner haben anscheinend die Erfahrung gemacht dass, wenn
der Deckel geschlossen ist, die Leute ihren Müll neben die Tonne werfen.
Deswegen wollen sie dass der Deckel immer offen steht.

Der Müll wird bei uns im Ort täglich abgeholt.
Frühmorgens schlängelt sich der Müllwagen durch die engen Gassen der Altstadt.



Die Häuser haben normalerweise keine privaten Mülltonnen.
Man bringt seinen Müll zur nächstgelegenen öffentlichen Mülltonne oder stellt,
wo der Müllwagen vorbeikommt, seinen Müll auf die Strasse.
Das kann in allen möglichen Verpackungen sein wie Plastiktüten oder Kartons.
Eine Müllgebühr gibt es bei uns im Ort nicht.

Früher haben die Mitarbeiter der Gemeinden unter anderem diese Arbeit erledigt.
Heute haben die meisten Gemeinden diese Dienstleistung privatisiert.



Das ist noch mal ein Wagen der für unsere Gemeinde zuständigen Firma.

Im allgemeinen ist das Bewusstsein für Müllvermeidung
oder die Verantwortung, seinen eigenen Müll zu beseitigen,
leider nicht besonders gross.

Nachdem ich diesen Winter von Deutschland zurückgekommen bin,
habe ich folgendes “Stilleben” in der Nähe unseres Ladens vorgefunden:



Wo Müll rumliegt, kommt ganz schnell weiterer Müll hinzu,
hat mich meine Erfahrung gelehrt.
So habe ich versucht diese Ansammlung schnellstmöglich aufzulösen.

Für Sondermüll, wie z.B. Bauschutt,
muss man sich einen Wagen organisieren, der den Müll dann abholt.



Einen Wertstoffhof gibt es nicht und wenn man etwas noch Verwertbares hat,
kann man es auch neben die Mülltonne stellen und Interessierte holen es dann ab.
Da kann es aber auch ggf. bis in alle Ewigkeit rumstehen.
Ich, als alte Recyclerin, habe schon viel Verwertbares gefunden und mitgenommen.

Im Sommer während der Tourissmussaison
wird von den meisten mehr auf Sauberkeit geachtet.
Leider nicht von allen, wie dieses Beispiel zeigt:



Vorne am Eingang ist alles schön geputzt
und etwas weiter hinten steht dann das Gerümpel.
“Professional” und “High Class” schaut das für mich nicht aus.

Im Winter sieht es oft besonders trist
vor den dann geschlossenen Läden aus.



Der oft heftige Wind im Winter trägt auch noch dazu bei,
das Gerümpel etwas mehr zu verwirren oder noch Verwertbares zu beschädigen.

Leider gibt es bei uns im Ort keinerlei Recycling.
Unsere Gemeinde kommt da leider nicht in die Gänge.

Ich betreibe das Recycling in kleinem Stil selbst.
Die Obst- und Gemüseabfälle kriegt die Nachbarsziege.
Ausserdem werden von mir Gläser gesammelt um Obst und Gemüse einzumachen.
Die Plastiktüten, die man beim Einkaufen kostenlos kriegt,
werden bei mir wieder als Einkaufstüten oder dann zum Schluss
als Mülltüten verwendet.
Ein paar wenige türkische Leute verfahren auch so.

In einigen anderen Orten gibt es jedoch schon
Recycling für Papier und manchmal auch für Glas.



Diese fesche, neue Papiertonne habe ich in Patara gefunden.
Bei der Strassenpflasterung ist extra für die Tonne eine Nische gebaut worden.
Der Blick ins Innere der Tonne hat mich aber etwas enttäuscht,
denn es war nicht nur Papier drin.

Dass es fast keine Papierkörbe und Müllbehälter
für den unterwegs anfallenden Müll gibt,
macht es nicht einfacher die Umgebung sauber zu halten.

Übrigens weise ich oft mal Kinder und ggf. auch Erwachsene darauf hin,
dass sie ihren Müll (wie z.B. ein Eiseinwickelpapier)
nicht auf die Strasse werfen sollen.

Meistens wird dann meiner Aufforderung, den Müll wieder mitzunehmen
ohne gross zu Murren Folge geleistet.
Was passiert wenn ich ausser Sichtweite bin, weiss ich nicht.



Diese Ansammlung habe ich neben einem Kiosk gefunden,
der neben einer Schule in Alanya steht.
Dort kaufen die Schüler ihr Frühstück oder eine Zwischenmahlzeit ein.

Um so erstaunter war ich als ich Mitte April,
alle Schüler unserer Schule habe ausschwärmen sehen.
Erst die jüngeren alle fröhlich bewaffnet mit je einer Mülltüte.



Dann die älteren Schüler.
Einige wundern sich dass ich sie fotografiere.
Aber der Anlass war bemerkenswert.
Vor dem Saisonanfang wird am Umwelttag
aller rumliegender Müll im Ort eingesammelt.



Irgendwas fehlt uns aber noch.
Und da ist sie auch schon die Begleitmusik zum Mülleinsammeln.



In diesem Sinne bis zum nächsten Mal.

--

Ganz tolle Folge, sehr interessantes Thema.
Gerade der ganz normale Alltag ist das Interessante an einem fremden Land.
Denn die großen Sehenswürdigkeiten kennt man ja
von den Prospekten, Karten. Büchern ... aber wie die Müllsituation ist, das weiß keiner.

PS: für alle, die "keine" Katzen gesehen haben: bitte nochmal nach oben scrollen ;)).



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